Eine Studie über Demenzdiagnostik in Schweden kommt zu einem überraschenden Ergebnis. Menschen mit Demenz, die auf dem Land leben, werden häufiger vollständig diagnostisch untersucht als Patient*innen in der Stadt und in mittelgroßen Gemeinden.

Das im Jahr 2007 ins Leben gerufene Schwedische Demenzregister (SveDem) verfolgt das Ziel, Menschen mit Demenz ab dem Zeitpunkt der Erstdiagnose zu befragen und somit deren Versorgungssituation zu verbessern. Auf diesen Datenschatz griffen deutsche und schwedische Forschende zurück, um sowohl den Demenzdiagnoseprozess als auch die Behandlung von Menschen mit Demenz in ländlichen und städtischen Gebieten Schwedens miteinander zu vergleichen.

Das im Jahr 2007 ins Leben gerufene Schwedische Demenzregister (SveDem) verfolgt das Ziel, Menschen mit Demenz ab dem Zeitpunkt der Erstdiagnose zu befragen und somit deren Versorgungssituation zu verbessern.
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Umfassendere Diagnostik auf dem Land 

Die Studie kommt zu einem überraschenden Schluss: Demnach erhielten Patient*innen, die in ländlichen Gebieten lebten, häufiger die grundlegende diagnostische Abklärung als jene, die in städtischen oder mittelgroßen Gegenden leben. Die Diagnostik umschließt ­­– entsprechend der von der schwedischen Gesundheitsbehörde festgelegten schwedischen Leitlinien – eine vollständige Basisuntersuchung, einen sogenannten Mini-Mental-Status-Test (dt. Abkürzung: MMST), einen Uhrentest, eine Blutanalyse und ein bildgebendes Verfahren.  

Männer öfter untersucht als Frauen

Zudem stellte sich heraus, dass Männer – abgesehen vom MMST-Test – öfter diagnostisch untersucht wurden als Frauen, obwohl die befragten Frauen älter waren und eine schlechtere kognitive Leistung zeigten. Als einen der Gründe führen die Autor*innen an, dass ältere und weniger kognitive leistungsstarke Menschen generell selbst weniger in der Lage sind, sich um eine Diagnostik zu bemühen. Dies könne dazu führen, dass insgesamt weniger Untersuchungen im Rahmen der diagnostischen Abklärung stattfinden. Dennoch zeigte sich: Bei etwa 25 bis 35 Prozent der Patient*innen wurde keine vollständige Basisuntersuchung durchgeführt.

In ihrer Studie weisen die Forschenden auf Einschränkungen der Ergebnisse hin wie zum Beispiel dem Fehlen von Informationen über die Diagnostik beeinflussende Faktoren wie etwa Nachbarschaftseffekte, Einwanderung, ethnische Zugehörigkeit oder Umweltfaktoren.

Im Hinblick auf eine mögliche Umsetzung der Studienergebnisse bilanzieren die Studienautor*innen: „Das künftige Ziel sollte darin bestehen, geografische und geschlechtsspezifische Unterschiede bei der diagnostischen Abklärung zu vermeiden.“

Daten von rund 58.000 Patient*innen

In der Studie analysiert wurden die Daten von 58.141 Patient*innen. Diese leben in ländlichen, mittelgroßen oder städtischen Gebieten in Schweden. Als häufigste Demenzformen traten Alzheimer-Demenz und gemischte Demenz auf. Viele der Patient*innen lebten alleine, zum Zeitpunkt der Demenzdiagnose befand sich die Mehrheit der Patient*innen im beginnenden Stadium der Demenz. 

Tipp für die Praxis: Eine vollständige Diagnosestellung einer Demenz sollte flächendeckend und unabhängig von Faktoren wie beispielsweise Wohnort oder Geschlecht gleichermaßen angeboten werden.

Hier geht’s zur Studie: Basic Diagnostic Work-Up Is More Complete in Rural than in Urban Areas for Patients with Dementia: Results of a Swedish Dementia Registry Study

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