Das Auftreten von Demenz steigt bei Menschen im höheren Alter. Allerdings können auch jüngere Menschen von einer Demenz betroffen sein. Ein Tinnitus, dessen Neuauftreten (Inzidenz) in der Allgemeinbevölkerung zwischen 7 und 20 % liegt, könnte einer Demenz in jüngeren Jahren vorausgehen oder parallel dazu auftreten. Ein Tinnitus könnte demnach wie ein Frühwarnsignal der Entstehung einer Demenz interpretiert werden. Sind kognitive Beeinträchtigungen bei Personen unter 65 Jahren eher bei Personen mit Tinnitus zu beobachten? Mit diesem Thema hat sich ein Forscherteam aus Taiwan befasst.

Einige Studien zeigen, dass eine Verbindung zwischen einer schlechten kognitiven Leistungsfähigkeit und einem Tinnitus besteht. Zudem berichten andere Studien, dass eine hohe Rate von kognitiven Beeinträchtigungen bei Patienten mit Tinnitus in allen Altersgruppen zu beobachten ist. Trotz dieser Annahmen gibt es bislang keine Studie, die einen Zusammenhang zwischen Tinnitus und einer früh einsetzenden Demenz vor einem Alter von 65 Jahren nachweisen konnte.

Tinnitus ein Zeichen für früh einsetzende Demenz?

Daher hat ein Forschungsteam rückblickend (retrospektiv) anhand eines Datensatzes von 2.616 Patient*innen untersucht, ob ein Tinnitus ein Anzeichen für eine früh einsetzende Demenz ist. Dabei wurden 1.308 Patient*innen mit einer Demenzdiagnose im Alter von 30 bis 64 Jahren und 1.308 Patient*innen ohne Demenzdiagnose miteinander verglichen.

Im Rahmen ihrer Untersuchung kamen die Forscher*innen zu dem Ergebnis, dass bei 281 Patient*innen (21,5 %) mit einer früh einsetzenden Demenz im Vergleich zu 190 Patient*innen (14,5 %) ohne eine Demenzdiagnose ein Tinnitus bestand. Diese Analysen deuten darauf hin, dass bei Patient*innen mit einem bereits vorhandenen Tinnitus im Vergleich zu Patient*innen ohne Tinnitus ein 63 % höheres Risiko besteht, im Alter von 30 bis 64 Jahren von einer Demenz betroffen zu sein. Dies erfolgt unabhängig davon, ob ein Bluthochdruck, eine Störung des Fettstoffwechsels (Hyperlipidämie) oder ein Hörverlust vorlag.

Anmerkung von digiDEM Bayern: Offen bleibt die Frage, inwieweit Schlafmangel und Depressionen hier eine Mediatorenrolle einnehmen. Menschen mit Tinnitus leiden aufgrund des Tinnitus häufiger unter Depressionen und Schlafmangel. Beides gilt unabhängig voneinander als Risikofaktor für eine spätere Demenzerkrankung. Somit könnte der Tinnitus in diesem Fall nur mittelbar als Risikofaktor gelten.

Hier finden Sie die Studie: Risk of early-onset dementia among persons with tinnitus: a retrospective case–control study (2021)

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