Das menschliche Gehirn verfügt über eine besondere Fähigkeit. Es kann zum Beispiel Schädigungen durch Krankheiten oder Alterungsprozesse ausgleichen. Auf diese Weise bildet sich eine lebenslange „kognitive Reserve“. Diese muss man jedoch aufbauen, etwa durch lebenslanges Lernen. Wie die kognitive Reserve mit leichter kognitiver Beeinträchtigung (Mild Cognitive Impairment, MCI) und Demenz bei älteren Erwachsenen mit niedrigem Bildungsgrad zusammenhängt, haben Forschende aus China untersucht.

Das Gehirn verfügt über eine besondere Fähigkeit. Es kann zum Beispiel Schädigungen durch Krankheiten oder Alterungsprozesse ausgleichen.
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Die Studie aus China belegt eindrucksvoll, wie wichtig lebenslanges Lernen auch und gerade für Menschen mit einer niedrigen fomalen Bildung wie etwa der Schulbildung ist, um die geistige Gesundheit der späteren Lebensjahre aufrechtzuerhalten. Denn die Studienergebnisse deuten darauf hin: Ein Zusammenhang zwischen einer höheren kognitiven Reserve und einem verringerten Risiko, eine Demenz oder eine Alzheimer-Demenz zu entwickeln, war bei Personen in der jungen Altersgruppe von 60 bis 74 Jahren wahrscheinlich. Ähnliches gilt für das Risiko, eine leichte kognitive Beeinträchtigung (MCI) zu entwickeln. Für Menschen ab 75 Jahren sowie für die Entwicklung einer vaskulären Demenz konnte der Zusammenhang jedoch nicht nachgewiesen werden.

Unterrepräsentierte Gruppe

An der Studie nahmen ältere Erwachsene teil, die in ländlichen Regionen Chinas leben und keine oder eine nur sehr begrenzte formale Bildung hatten. Diese soziodemografische Gruppe ist in der Demenzforschung „erheblich unterrepräsentiert“. Das Durchschnittsalter der 2.127 Teilnehmenden zu Studienbeginn betrug 70,1 Jahre, 59,4 Prozent waren Frauen und 81,5 Prozent hatten keine formelle Schulausbildung oder besuchten nur die Grundschule.

Die Daten zu den Teilnehmenden haben die Forschenden mit Hilfe persönlicher Interviews durch medizinisches Personal, klinischer Untersuchungen und Labortests erhoben. Abgefragt wurden zum Beispiel Alter, Geschlecht, formale Bildung, Beruf und Familienstand und Lebensstile wie etwa Rauchen, körperliche und soziale Aktivität. Auch gesundheitliche Angaben wie etwa Bluthochdruck, Diabetes und Herzerkrankungen kamen dazu.

3,7 Jahre Nachbeobachtungszeit

Während der durchschnittlichen Nachbeobachtungszeit von 3,7 Jahren pro Person wurde bei 101 Teilnehmenden eine Demenz diagnostiziert. 74 Menschen entwickelten eine Alzheimer-Demenz, 26 eine vaskuläre Demenz und eine Person eine andere Art von Demenz. „Jeder Anstieg des Gesamtwerts für die lebenslange kognitive Reserve um einen Punkt zu Studienbeginn war mit einem um etwa 20 Prozent verringerten Risiko für Demenz und Alzheimer verbunden, jedoch nicht mit dem Auftreten von vaskulärer Demenz“, schreiben die Forschenden.

Bei den Teilnehmenden, die zu Studienbeginn keine leichten kognitiven Beeinträchtigungen (MCI) hatten, bedeutete ein jeweils um einen Punkt verbesserter Messwert ein etwa 15 Prozent niedrigeres Risiko, MCI zu entwickeln.

Geistig gesund bis ins hohe Alter

Die Forschenden fassen zusammen, dass ihre Ergebnisse die Bedeutung einer hohen lebenslangen kognitiven Reserve unterstreichen ­– „für die Aufrechterhaltung der kognitiven Gesundheit bis ins hohe Alter und für die Verzögerung kognitiver Dysfunktionen selbst bei Menschen ohne oder mit nur sehr begrenztem Bildungsniveau.“ Da die Studienteilnehmenden aus lediglich einem ländlichen Raum kamen, können die Ergebnisse nur in geringem Umfang generalisiert werden.

Tipp für die Praxis: Eine kognitive Reserve kann den Ausbruch und Verlauf einer Demenzerkrankung verzögern. Der Grundstein zum Aufbau einer kognitiven Reserve wird während der Schulzeit gelegt, trotzdem ist es sehr wichtig, auch im Verlauf des Lebens körperlich und geistig aktiv zu bleiben und stetig neue Dinge dazuzulernen.

Hier geht’s zur Studie:

Association of Lifelong Cognitive Reserve with Dementia and Mild Cognitive Impairment among Older Adults with Limited Formal Education: A Population-Based Cohort Study

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