Herzkreislauf-Erkrankungen gelten als Risikofaktoren für Demenz. Wenn mehrere davon zusammenkommen, verstärkt das den geistigen Abbau umso mehr? Diese Frage haben Forscher*innen aus Taiwan in Bezug auf die Alzheimer-Demenz untersucht.

Ein Mann und eine Frau beim Walken, von hinten.

Herz-Kreislauf-Erkrankungen verstärken Studien zufolge die Entwicklung einer Alzheimer-Demenz. Untersuchungen haben gezeigt, dass beispielsweise Bluthochdruck, Diabetes, Übergewicht sowie zu wenig Bewegung im mittleren Lebensalter Risikofaktoren für Alzheimer sind. Diese Risikofaktoren sind inzwischen vielen Menschen bekannt und gut kontrollierbar. Die Autor*innen der aktuellen Studie aus Taiwan sehen darin einen möglichen Grund dafür, dass die Verbreitung von Alzheimer in einigen Ländern sinkt. Die meisten früheren Studien untersuchten ihnen zufolge die Wirkung einzelner Herz-Kreislauf-Risikofaktoren. Doch häufig liegen mehrere gleichzeitig vor, und die Wirkung einzelner Faktoren auf den kognitiven Rückgang könnte zu gering sein, um überhaupt erkannt zu werden. Daher lässt sich der kognitive Rückgang bei Alzheimer den Autor*innen zufolge möglicherweise besser erklären, wenn man die Auswirkungen mehrerer Herz-Kreislauf-Risikofaktoren zusammenrechnet.

“Risikogen” als weiterer Einflussfaktor

Hinzu kommt: Der wichtigste genetische Risikofaktor für Alzheimer, das “Risikogen” APOE ε4, könnte den geistigen Abbau aufgrund der Wechselwirkung zwischen Herz-Kreislauferkrankungen und Alzheimer ebenfalls beeinflussen. Dieses Zusammenspiel wird den Autor*innen zufolge noch komplizierter dadurch, dass APOE ε4 ein signifikanter Risikofaktor für Herzerkrankungen ist, die durch verengte Herzkranzgefäße entstehen. Ziel ihrer Studie war es daher, die Auswirkungen von multiplen Herz-Kreislauf-Risikofaktoren auf den kognitiven Rückgang bei Alzheimer-Erkrankten zu untersuchen. Darüber hinaus wollten sie herausfinden, wie die Interaktion zwischen dem Risikogen APOE ε4 und Herz-Kreislauf-Risikofaktoren den Verlauf der Erkrankung beeinflusst.

Mehr als drei Risikofaktoren: schnellerer Abbau

Dazu untersuchten sie von 2012 bis 2014 jeweils einmal pro Jahr 330 Menschen mit diagnostizierter Alzheimer-Erkrankung. Die Studienteilnehmer*innen – 170 Männer und 160 Frauen – waren im Durchschnitt knapp 81 Jahre alt. Ihre geistigen Fähigkeiten wurden u.a. mit Hilfe des “Mini Mental Status Test” bewertet.  Die Herz-Kreislauf-Risikofaktoren rechneten die Wissenschaftler*innen zu einem Index zusammen, d.h. mit einem, zwei oder mehr Risikofaktoren. Dazu zählten u.a. Herzkrankheit aufgrund verengter Herzkranzgefäße, Herzrhythmusstörungen, Bluthochdruck, Hirndurchblutungsstörung, Diabetes, Fettleibigkeit, Rauchen und zu wenig Bewegung. Bei den Studienteilnehmer*innen waren die häufigsten Risikofaktoren Bluthochdruck (65.8%), Diabetes (46.7%) und zu wenig Bewegung (36.7%).

Die Ergebnisse zeigten, dass Alzheimer-Erkrankte mit mehr als drei Herz-Kreislauf-Risikofaktoren einen schnelleren geistigen Abbau aufweisen als Patienten mit weniger Risikofaktoren. Der Abbau hängt dabei den Forscher*innen zufolge nicht mit einzelnen Risikofaktoren zusammen, sondern mit der Summe mehrerer dieser Faktoren. Besonders anfällig seien in diesem Zusammenhang Alzheimer-Erkrankte, die das APOE ε4-Gen tragen. Die Autor*innen empfehlen, die Auswirkungen von Herz-Kreislauf-Belastungen auf den geistigen Abbau nach einer Alzheimer-Diagnose stärker zu berücksichtigen.

Die vollständige Studie finden Sie hier:

Summative Effects of Vascular Risk Factors on the Progression of Alzheimer Disease (Okt 2019)