Menschen mit Demenz oder Menschen mit leichten kognitiven Beeinträchtigungen (Mild Cognitive Impairment, MCI) haben ein mehr als doppelt so hohes Risiko zu stürzen. Inwiefern können daher digitale Technologien wie etwa Sensoren, Virtual-Reality-Systeme und Apps dazu beitragen, sowohl das Sturzrisiko als auch die Anzahl von Stürzen selbst zu verringern?

Forschende aus Großbritannien haben insgesamt sieben Übersichtsarbeiten analysiert, um wissenschaftliche Belege für die Wirksamkeit unterschiedlicher Technologien zur Sturzprävention und Sturzvermeidung zusammenzustellen. Die Studienteilnehmenden waren Menschen mit Demenz oder MCI. Das Alter der 1.412 Teilnehmenden lag zwischen 64 und 88 Jahren.

Das zentrale Ergebnis der Studie, die im Januar 2024 in der renommierten Fachzeitschrift Age and Ageing veröffentlicht wurde: Für die Wirksamkeit von Technologien zur Verringerung von Stürzen oder Sturzrisiken wurden nur „begrenzte Belege“ gefunden. „Lediglich für Umweltsensoren gab es Studien, die die Auswirkungen auf die Sturzhäufigkeit untersuchten“, heißt es in der Studie. Doch auch hierbei ließen sich keine überzeugenden Beweise finden, dass Umweltsensoren ­– wie beispielsweise Bettsensoren, Sensor-Nachtlichter oder Teleassistenzdienste – Stürze und das Sturzrisiko verringern können.

„Technologien zur Vermeidung und Verringerung von Stürzen bei Menschen mit Demenz müssen gemeinsam mit den Betroffenen sowie den pflegenden An- und Zugehörigen entwickelt werden.“

Jana Rühl, digiDEM Bayern-Wissenschaftlerin

Untersuchte Studien über kommerzielle Spielkonsolen mit Bewegungs- und Fitnessspielen, mit denen sich Kraft und Gleichgewicht trainieren lassen, berichteten zwar über Verbesserungen der Sturzrate durch die Interventionen. Doch diese Studien stützten sich auf eine nur geringe Anzahl an Teilnehmenden. Für die Bewertung App-basierter Technologien konnten die Forschenden hingegen keine Übersichtsarbeiten identifizieren. 

Ein Manko zeigte sich darin, dass in keiner der analysierten Übersichtsarbeiten die Nutzbarkeit oder Akzeptanz der Technologien für Nutzer, Pflegekräfte oder Personal untersucht wurde. Nach Ansicht der Forschenden gebe es außerdem zahlreiche Barrieren, die einer Verbreitung der Technologien im Wege stehen. Dazu gehören unter anderem der Preis, das Vertrauen in die Technologien oder Probleme bei der Inbetriebnahme.

„Unser Überblick zeigt einen klaren Bedarf an mehr Forschung auf, unterstreicht aber auch die Notwendigkeit, sicherzustellen, dass die Nachweise sowohl in der Praxis anwendbar als auch methodisch einwandfrei sind“, schreiben die Forschenden. „Künftige Technologien müssen gemeinsam mit den Menschen, die sie nutzen werden, entwickelt werden.“ Zudem müsse in der Forschung ein ganzheitlicher Ansatz verfolgt werden.

Tipp für die Praxis:

Helfen Sie bei der Entwicklung von digitalen Angeboten für Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen mit, wenn Sie die Gelegenheit dazu haben. Ihre Erfahrung und Expertise sind wichtig, um die Angebote bedarfsgerecht zu gestalten.

Hier gelangen Sie zur Studie.

Lesen Sie auch unseren Bericht über die Studie unseres Kollegen Michael Zeiler. Mit seinem Forschungsteam hat er erstmals deutschsprachige Apps für Menschen mit Demenz und für pflegende An- und Zugehörige auf wissenschaftliche Evidenz und Nutzerqualität bewertet.

Hier geht’s zu den bisherigen Ausgaben unseres Newsletters digiDEM Bayern DIGITAL Update.

Digitale Tools für Menschen mit Demenz

Ein gutes Beispiel für die Entwicklung digitaler Tools für Menschen mit Demenz ist unser digitaler Fragebogen „digiDEM Bayern DEMAND®“. Er hilft pflegenden An- und Zugehörigen, die eigenen Versorgungsbedarfe zu erkennen, wenn der Pflegebedarf von Menschen mit Demenz steigt. Hier geht’s zum Fragebogen „digiDEM Bayern DEMAND®“.

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