Die meisten Abführmittel sind rezeptfrei erhältlich, ihre Einnahme ist weit verbreitet. Doch Forschende aus China sehen einen Zusammenhang zwischen dem kontinuierlichen Gebrauch von Abführmitteln und einem erhöhten Risiko für Demenzen jeglicher Art.
Chronische Verstopfung ist ein in der Bevölkerung weit verbreitetes Thema, gerade unter älteren Menschen. Etwa 40 Prozent der in Wohngemeinschaften lebenden älteren Erwachsenen und sogar 70 Prozent der Pflegeheimbewohner sind davon betroffen. Abführmittel sind dabei für viele das erste Mittel der Wahl, um Abhilfe zu schaffen. Viele dürfte überraschen, was chinesische Forschende in dem Fachmagazin Neurology erstmals veröffentlicht haben. Die regelmäßige Einnahme von Abführmitteln war, so schreiben die Autoren, mit einem höheren Risiko einer Demenz jeglicher Ursache verbunden.
Insbesondere bei denjenigen war das Risiko höher, eine Demenz zu entwickeln, die unterschiedliche Arten von Abführmitteln verwendeten oder sogenannte osmotische Abführmittel wählten. Zu diesen zählt zum Beispiel Glaubersalz. Sie ziehen Wasser in den Darm, was den Stuhl verdünnt und letztlich Stuhlgang auslöst. Bei denjenigen, die nur osmotische Abführmittel einnahmen, zeigte sich sogar ein noch höheres Demenzrisiko.
Mehr als 500.000 Studienteilnehmende
In der Studie haben die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen die Daten von mehr als 500.000 Teilnehmenden aus England, Wales und Schottland im Alter zwischen 40 und 69 Jahren ausgewertet. Mehr als 54 Prozent davon waren Frauen. Zum Zeitpunkt der Demenzdiagnose betrug das Durchschnittsalter 67,1 Jahre. Zu Studienbeginn war keiner der Freiwilligen an Demenz erkrankt. Die Daten stammten alle aus der sogenannten Biobank in Großbritannien. So berichteten die Personen etwa mit Hilfe von Touchscreen-Fragebögen und in mündlichen Interviews über ihren Konsum von Abführmitteln.
Innerhalb des langen Nachbeobachtungszeitraumes von durchschnittlich 9,8 Jahren wurde bei 1,3 Prozent der Teilnehmenden, die regelmäßig Abführmittel eingenommen hatten, die Diagnose Demenz gestellt. Bei jenen, die auf Abführmittel verzichteten, entwickelten jedoch nur 0,4 Prozent eine Demenz.
Einfluss auf Mikrobiom des Darmes und kognitive Funktionen
Zwar müssen die Mechanismen, die den Zusammenhang zwischen der Einnahme von Abführmitteln und der Entstehung einer Demenz erklären können, noch untersucht werden. Laut Autorengruppe könnte ein zugrunde liegender Wirkmechanismus sein, „dass Abführmittel die Zusammensetzung des Darmmikrobioms und beeinflussen und damit die Produktion zahlreicher sogenannter Neurotransmitter für eine normale kognitive Funktion beeinträchtigen können.
In der Studie weisen die Forschenden darauf hin: „Wenn sich die langfristige Nebenwirkung von Abführmitteln auf die Kognition bestätigt, sollten Mediziner diese Informationen auch an die Beteiligten weitergeben, um das Risiko einer Demenz aufgrund von Missbrauch oder übermäßigem Gebrauch von Abführmitteln zu verringern.“ Um Verstopfung zu lindern, empfehlen die Autoren anstelle der regelmäßigen Einnahme von Abführmitteln eine Änderung des Lebensstils etwa hin zu mehr Bewegung und mehr ballaststoffreicher Nahrung.
Tipp für die Praxis: Ballaststoffreiche Lebensmittel helfen die Darmbewegung anzuregen, sollten aber immer zusammen mit ausreichend Flüssigkeit verzehrt werden.
Hier geht’s zur Studie:
Association Between Regular Laxative Use and Incident Dementia in UK Biobank Participants