Wer sein Leben lang zwei Sprachen spricht, kann sich auf diese Weise vor kognitiven Einschränkungen schützen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie aus Indien, dem vielsprachigen Land, in dem 122 Haupt- und 22 Amtssprachen sowie 1599 weitere Sprachen gesprochen werden.
Das Ziel der aktuellen Studie war es, einen möglichen Zusammenhang zwischen Zweisprachigkeit und der Verbreitung kognitiver Beeinträchtigungen bei zu Hause lebenden, über 60-jährigen Bewohnern des städtischen Bengaluru zu untersuchen. Die unter dem Namen Bangalore besser bekannte drittgrößte Stadt Indiens gilt als eine der sprachlich vielfältigsten Stadtgebiete dieses Landes. Zweisprachigkeit gilt in Bangalore als gesellschaftliche Norm.
Bei Menschen, die nur einer Sprache mächtig waren, ist Demenz bei anteilig 4,9 Prozent der Personen deutlich häufiger aufgetreten als bei jenen, die zwei Sprachen sprechen (0,4 Prozent). Ein ähnliches Verhältnis trat bei Menschen mit leichten kognitiven Einschränkungen (Mild Cognitive Impairment, MCI) auf. Unter den „Einsprachigen“ lag die sogenannte MCI-Prävalenz bei 8,5 Prozent und damit höher als bei den „Zweisprachigen“ (5,3 Prozent).
Zweisprachigkeit fördert gesundes Altern
„Die Gesamtergebnisse deuten darauf hin, dass Zweisprachigkeit ein gesundes Altern fördert und vor kognitivem Verfall und Demenz schützt“, schreiben die Autoren. Zurückzuführen sei dies einerseits auf eine erhöhte „neuronale Plastizität“, bei der sich neuronale Verbindungen wie zum Beispiel Synapsen verändern, um ihre Leistung zu optimieren. Andererseits dient es einer besseren „kognitiven Reserve“, wenn man sein Leben lang mehr als eine Sprache trainiert. Der ständige Wechsel zwischen den Sprachen aktiviere kognitive Prozesse zur zielorientierten Steuerung des Verhaltens, des Denkens sowie der Emotionen und stärke somit die Aufmerksamkeit bei gesunden älteren Zweisprachigen.
In neuropsychologischen Tests besser abgeschnitten
Zudem hat Zweisprachigkeit einen weiteren Vorteil: „Der positive Einfluss der Zweisprachigkeit auf die Prävalenz von Demenz blieb unabhängig vom hohen oder niedrigen Bildungsstatus bestehen.“ So stellten die Forschenden unter anderem fest, dass bilinguale ältere Personen im Vergleich zu älteren Menschen, die nur eine Sprache beherrschen, allgemein besser in den neuropsychologischen Tests abgeschnitten haben – unabhängig von Alter, Geschlecht, Bildung, sozioökonomischem Status und beruflichem Status. Auch bei den Menschen, die geistig fit waren und keinerlei kognitive Beschränkungen aufwiesen, erzielten die Zweisprachler hinsichtlich der kognitiven Funktionen wie etwa Aufmerksamkeit, Gedächtnis oder Sprache bessere Ergebnisse.
Tipp für die Praxis: Es gibt mittlerweile vielfältige Möglichkeiten, Fremdsprachen zu erlernen. Anlaufstellen können Volkshochschulen vor Ort sein oder auch Online-Sprachkurse. Wichtig ist jedoch nicht nur das Erlernen einer Sprache und dieser mächtig zu sein, sondern vor allem die Anwendung, also das aktive Kommunizieren und Sprechen in der Fremdsprache.
Hier geht’s zur Studie:
Protective effect of bilingualism on aging, MCI, and dementia: A community-based study
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