Es ist weithin bekannt und nachvollziehbar, dass Menschen mit Demenz, deren Bedarfe nach (pflegerischer) Unterstützung unerfüllt sind, unter einer niedrigeren Lebensqualität leiden. Auch Verhaltensprobleme und Depressionen können eine Folge sein. Dass allerdings auch erfüllte Bedarfe von Menschen mit Demenz in Zusammenhang mit einer geringeren gesundheitsbezogenen Lebensqualität stehen können, hat eine neuen Studie aus den Niederlanden gezeigt.
Die Forschenden lieferten neue Belege dafür, dass die Anzahl selbstberichteter, erfüllter Bedürfnisse von Menschen mit Demenz negativ mit ihrer eigenen sowie mit der gesundheitsbezogenen Lebensqualität der pflegenden An- und Zugehörigen (aufgrund des sog. Partner-Effekts) verbunden sind. Je mehr erfüllte Bedarfe festgestellt wurden, desto geringer war die gesundheitsbezogene Lebensqualität. Gleiches galt dann, wenn die pflegenden An- und Zugehörigen nach den erfüllten Bedarfen der Menschen mit Demenz gefragt wurden, allerdings stand dies nur in Verbindung mit der eigenen gesundheitsbezogenen Lebensqualität, nicht mit der des Menschen mit Demenz.
Pflegebedürftigkeit schafft Unzufriedenheit
Die Wissenschaftler erklärten, dass bei einer höheren Anzahl erfüllter Bedarfe häufig auch die Anzahl unerfüllter Bedarfe höher ist. Zudem könnte die Tatsache eine Rolle spielen, dass die grundsätzliche, im Laufe der Erkrankung steigende Abhängigkeit der Betroffenen von der Unterstützung pflegender An- und Zugehöriger dafür sorgt, dass sich die Menschen mit Demenz schlechter fühlen. „Insbesondere dem Erhalt instrumenteller Unterstützung, mehr noch als emotionaler Unterstützung, wird ein negativer Effekt auf das Wohlbefinden der Pflegebedürftigen zugeschrieben, da sie deren Unfähigkeit unterstreicht, die täglichen Aufgaben allein zu bewältigen“, so die Autoren der Studie. Aufgrund der unterschiedlichen Perspektiven auf die Bedürfnisse können die Auswirkungen auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität für Betroffene und pflegende An- und Zugehörige unterschiedlich sein.
Menschen mit Demenz schätzen die eigenen Bedarfe anders ein, als die An- und Zugehörigen
Aufällig war zudem, dass Menschen mit Demenz weniger erfüllte Bedarfe angaben als die pflegenden An- und Zugehörigen. „Dies steht im Einklang mit Literatur, die darauf hindeutet, dass entweder die Menschen mit Demenz ihre eigenen Bedürfnisse zu gering angeben oder die pflegenden An- und Zugehörigen diese überschätzen“, erklären die Wissenschaftler.
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass es für Forschung und auch Praxis wichtig ist, sowohl die nicht erfüllten als auch die erfüllten Bedürfnisse zu untersuchen, da diese unterschiedlichen Auswirkungen auf die betroffenen Personen haben. Wichtig sei zudem, die Perspektive der Menschen mit Demenz auf ihre eigenen Bedarfe zu berücksichtigen.
Tipp für die Praxis: Trotz vieler erfüllter Bedürfnisse kann sich der generelle Pflegebedarf negativ auf die Lebensqualität auswirken. Dennoch ist es wichtig, sich im Rahmen der Pflege externe Unterstützung zu suchen. Dies gilt sowohl für die Menschen mit Demenz, als auch die pflegenden An- und Zugehörigen.
Hier geht’s zur Studie: