Obwohl die Zahl der Demenzerkrankten weltweit stetig zunimmt, ist Demenz in der Gesellschaft nach wie vor ein großes Tabuthema. Betroffene haben Vorbehalte, öffentlich über die Erkrankung zu sprechen, was sich negativ auf die Gesundheit auswirkt, aber auch auf die Bereitschaft, sich Hilfe und Unterstützung zu suchen. Ein Team australischer und israelischer Wissenschaftler*innen hat nun ein Programm entwickelt, um der Stigmatisierung von Demenz entgegenzuwirken.
Kernbestandteile des Programms sind Bildungs- und Kontaktmaßnahmen. Die Wirksamkeit wurde in einer sogenannten randomisiert kontrollierten Studie untersucht, die als Goldstandard in der Beurteilung von medizinischen Behandlungen und Programmen gilt. An der Studie teilgenommen haben 1024 Personen zwischen 40 und 87 Jahren.
Bildung und Kontakte können Stigmata reduzieren
Vier Gruppen wurden miteinander verglichen: jeweils eine Gruppe, die Bildungs- oder Kontaktmaßnahmen erhielt, eine Gruppe, die in den Genuss beider Maßnahmen kam, und eine Kontrollgruppe, der lediglich allgemeine Gesundheitsinformationen zur Verfügung gestellt wurde. Die Bildungsmaßnahmen vermittelten Informationen über Demenz wie zum Beispiel über Symptome und Behandlungsmöglichkeiten, aber auch über das Thema Stigmatisierung. Kontakt bedeutete, dass sich die Teilnehmenden Videos von Menschen mit Demenz und deren pflegenden An- und Zugehörigen ansehen sollten. Beide Maßnahmen wurden online bereitgestellt. Gemessen haben die Wissenschaftler*innen den Effekt des Programms mit Hilfe von Fragebögen, die die Teilnehmenden vor und nach der Studie ausgefüllt haben.
Im Ergebnis zeigte sich, dass sowohl Bildungs- als auch Kontaktmaßnahmen wichtig sind, um der Tabuisierung von Demenz entgegenzuwirken. Während das Wissen über Demenz direkt nach Beginn des Programms deutlich zunahm, ließ sich eine Reduzierung der Stigmatisierung erst nach 12 Wochen feststellen.
Modell für die Allgemeinheit?
Allerdings lässt sich nicht sicher sagen, ob diese Maßnahmen auch bei der Gesamtbevölkerung dieselbe Wirkung entfalten können, insbesondere, weil die Teilnehmenden eher jünger und besser gebildet waren. Außerdem ist die Stigmatisierung von Demenz in der australischen Bevölkerung generell eher gering, was möglicherweise nicht repräsentativ für andere Länder ist. So war der Effekt in der Studie auch vor allem bei denjenigen größer, die im Vorhinein mehr Vorbehalte gegenüber Demenz hatten.
Dennoch bilanzieren die Wissenschaftler*innen, dass „das Lernen über Demenz durch schriftliches Material und/oder den (virtuellen) Kontakt mit Menschen mit Demenz und pflegenden An- und Zugehörigen“ sich positiv auf die Allgemeinheit auswirken kann. Dabei bleibe aber zu beachten, dass es vermutlich länger dauere, Einstellungen zu ändern als Wissen aufzubauen oder Verständnis zu entwickeln.
Hier geht’s zur Studie: