Bestimmte neuropsychiatrische Symptome wie zum Beispiel Depressionen und Psychosen treten bei Frauen mit Alzheimer-Demenz häufiger auf als bei Männern, die an einer Alzheimer-Demenz erkrankt sind. Dies ist eines der zentralen Ergebnisse einer Studie von Forschenden aus den Niederlanden, Schweden, USA, Kanada und Australien.
Bei Menschen mit Alzheimer-Demenz (AD) treten neuropsychiatrische Symptome (NPS) generell sehr häufig auf. Doch zwischen Männern und Frauen gibt es wesentliche Unterschiede hinsichtlich der Entwicklung der Symptome und wie sich diese ausprägen. Dies haben Forschende aus den Niederlanden, Schweden, USA, Kanada und Australien herausgefunden. Dazu werteten sie in einer Übersichtsarbeit insgesamt 62 Studien mit 21.554 Patienten aus, darunter 61,2 Prozent Frauen. Die Ergebnisse können zur Früherkennung und Therapie bestimmter neuropsychiatrischer Symptome bei AD beitragen.
Schwerere Depressionen bei Frauen
Hinsichtlich des Vorliegens von NPS und deren allgemeiner Schwere gab es der Studie zu Folge keine Unterschiede zwischen Frauen und Männern. Doch spezifische Symptome traten vor allem beim weiblichen Geschlecht auf. Die Metaanalyse weise darauf hin, „dass das weibliche Geschlecht mit einer höheren Häufigkeit und schwereren Depressivität, abweichendem motorischen Verhalten und psychotischen Symptomen bei AD verbunden ist, während das männliche Geschlecht bei AD mit einer stärker ausgeprägten Apathie in Zusammenhang steht“, heißt es in der Studie.
Einen Zusammenhang zwischen dem Geschlecht und der Häufigkeit und Schwere von Unruhe, Angst, Enthemmung, Essverhalten, Euphorie, Halluzinationen, Reizbarkeit und Schlafstörungen gab es hingegen nicht.
Weitere Beweise erbracht
Mit ihrer Übersichtsarbeit erbrachte die Forschergruppe damit weitere Beweise für eine höhere Symptomlast bei Frauen mit AD, die bereits in früheren anderen Studien festgestellt wurde, sowie für einen stärkeren Schweregrad der Apathie bei Männern mit AD. Hinweise auf eine höhere Häufigkeit von Agitation/Aggression bei Männern konnten die Wissenschaftler im Rahmen dieser Studie nicht bestätigen.
Die Geschlechterunterschiede können lediglich teilweise, so schreiben die Forschenden, durch eine Vorgeschichte psychiatrischer Erkrankungen erklärt werden. Auch neurobiologische und psychosoziale Faktoren stünden mit dem Auftreten einer AD in Zusammenhang.
Maßgeschneiderte Behandlungsansätze
Hinsichtlich maßgeschneiderter Behandlungsansätze für Betroffene fordern die Wissenschaftler weitere Forschung ein. Dabei sei es entscheidend festzustellen, ob die beobachteten Geschlechterunterschiede hinsichtlich NPS „durch unterschiedliche zugrunde liegende neurobiologische und/oder psychosoziale Mechanismen verursacht werden.“ Falls es hierbei Unterschiede gebe, könnten diese die Grundlage für geschlechtsspezifische pharmakologische und nicht-pharmakologische Behandlungsmaßnahmen bei NPS bei Alzheimer-Demenz sein.
Tipp für die Praxis: Die Erkenntnisse zu geschlechterspezifischen Unterschieden in der Ausprägung von neuropsychiatrischen Symptomen sollten in die klinische Praxis einfließen und die Grundlage für zielgruppenspezifische Maßnahmen bilden.
Hier geht’s zur Studie:
Sex differences in neuropsychiatric symptoms in Alzheimer’s disease dementia: a meta-analysis