Webbasierte digitale Angebote und mobile Anwendungen (Apps) nehmen vermehrt Einzug in die Versorgung von Menschen mit Demenz. Die Anwendungen richten sich dabei nicht nur an die Betroffenen selbst – viele Angebote werden auch speziell für die An- und Zugehörigen entwickelt, um bei der Pflege zu unterstützen. Welche Apps für pflegende An- und Zugehörige verfügbar sind und inwiefern diese deren Bedarfen gerecht werden, hat ein Forschungsteam aus Kanada untersucht.
Im Rahmen einer systematischen Recherche konnten die Wissenschaftler 16 Apps identifizieren, die sich explizit an pflegende An- und Zugehörige von Menschen mit Demenz richten. Die Funktionen der Anwendungen erstreckten sich von der Bereitstellung von Informationen zur Erkrankung und Pflege, über den Umgang mit psychologischen und verhaltensbezogenen Symptomen bis hin zu Strategien des Stressmanagements.
Laut den Forschenden war die Qualität der Apps – bewertet mit einer speziellen Skala für mobile Anwendungen – als „akzeptabel“ einzustufen. Gleichwohl merkten sie an, dass die „begrenzte Anzahl und Art von Funktionen [jeder App] wahrscheinlich nicht ausreichen [würde], um die vielfältigen Bedürfnisse der pflegenden An- und Zugehörigen zu erfüllen.“
„Mit dem Digitale-Versorgung-und-Pflege-Modernisierungs-Gesetz werden in Deutschland künftig auch Angebote für pflegende An- und Zugehörige erstattungsfähig sein. Helfen können diese jedoch nur, wenn sie auch Qualitätsanforderungen entsprechen.“
Nikolas Dietzel, digiDEM Bayern-Wissenschaftler
Zwei der 16 Anwendungen mit der höchsten Qualitätsbewertung schauten sich die Wissenschaftler nochmal genauer an, um deren Wirksamkeit zu bewerten. Untersucht wurden dabei die beiden Apps Dementia Talk und CLEAR Dementia Care.
Anhand von wissenschaftlich geprüften Fragebögen wurde unter anderem geschaut, in wie weit die Apps das Demenzwissen verbesserten oder zur Reduzierung von Stress und Pflegebelastung beitragen konnten. „Obwohl unsere Teilnehmer positive Eigenschaften der Apps feststellten, führte dies nicht zu Verbesserungen der beobachteten Ergebnisse“, stellte die Forschungsgruppe fest.
Digitale Anwendungen haben das Potential, zur Entlastung der pflegenden An- und Zugehörigen bei der Versorgung von Menschen mit Demenz beitragen zu können. Damit sich dieses Potential voll entfalten kann, besteht allerdings der dringende Bedarf nach der „Entwicklung und Evaluierung von besseren Apps für pflegende An- und Zugehörige, die in der Lage sind, die Pflegebelastung zu adressieren“, wie die Wissenschaftler ausführten. Die bisher verfügbaren Anwendungen seien dazu eher nicht in der Lage.
Tipp für die Praxis:
Vor der Nutzung von Apps sollten genau geschaut werden, ob die Wirksamkeit wissenschaftlich untersucht wurde und ob es Informationen zur Qualität der Anwendungen gibt.