Schock, Trauer, Angst – eine Demenz-Diagnose bedeutet für Betroffene und ihre Angehörigen einen existenziellen Einschnitt. Umso wichtiger sind professionelle Unterstützung und gezielte Informationen – die jedoch häufig zu lange auf sich warten lassen. Das berichtete auf der Alzheimer Europe-Konferenz in Den Haag auch Henry Brodaty, Professor für Alter und psychische Gesundheit an der University of New South Wales in Sydney und einer der Pioniere der Demenz-Forschung.

Das digiDEM Bayern-Team mit Prof. Henry Brodaty: Michael Reichold MSc., Prof. Dr. med. Peter Kolominsky-Rabas, Prof. Henry Brodaty, Nikolas Dietzel MSc. (v.l.)

Das digiDEM Bayern-Team mit Prof. Henry Brodaty: Michael Reichold MSc., Prof. Dr. med. Peter Kolominsky-Rabas, Prof. Henry Brodaty, Nikolas Dietzel MSc. (v.l.)

In seinem Vortrag „Nach der Diagnose…. was nun? Postdiagnostische Unterstützung für Menschen mit Demenz und ihre Familien“ ging Professor Brodaty auf entsprechende Defizite in der Versorgung ein. Er wies darauf hin, dass es trotz mehrerer Richtlinien für die Verfügbarkeit einer Diagnose weltweit an einer Anleitung für den Diagnoseprozess und die postdiagnostische Versorgung und Kommunikation mangelt.

Unzufriedenheit über Mangel an Information

Menschen mit Demenz und ihre Familien und Betreuer äußerten sich häufig unzufrieden über das Defizit an Kommunikation, Anleitung, Informationen über den richtigen Umgang mit der Erkrankung und die Prognose sowie über die fehlende Unterstützung für ein gutes Leben mit Demenz, so Brodaty. Er stellte das Projekt COGNISANCE vor, das darauf abziele, diese Lücke zu schließen, indem es mit Betroffenen, Familien und Gesundheitspraktikern zusammenarbeitet. Am Ende soll ein Paket zur Verbesserung der postdiagnostischen Versorgung umgesetzt und evaluiert werden. Das Projekt, das fünf Länder (Australien, Großbritannien, Niederlande, Polen und Kanada) umfasst, wird von der EU finanziert. Ziel ist es, nach Abschluss des Projekts ein erfolgreiches Paket für die lokale Anpassung weltweit verfügbar zu machen. https://cheba.unsw.edu.au/consortia/cognisance

BayDem-Erkenntnisse als Anlass für digiDEM Bayern

Auch digiDEM Bayern, das ebenfalls im Rahmen der Alzheimer Europe-Konferenz vorgestellt wurde, zielt darauf ab, Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen möglichst frühzeitig zu unterstützen. Ein Anlass für das digitale Forschungsprojekt waren Erkenntnisse aus dem Bayerischen Demenz Survey (BayDem), einer Längsschnittstudie, die von 2015-2017 an den drei Standorten Dachau, Erlangen und Kronach durchgeführt wurde. Auch in BayDem berichteten die Studienteilnehmer*innen von einem Mangel an Informationen: So gaben zum Zeitpunkt der Diagnosestellung 50% der Teilnehmenden an, keine Informationen über den Verlauf der Erkrankung und 40% keine Informationen zur Erkrankung selbst erhalten zu haben. 37% der Angehörigen beklagten nach der Diagnosestellung einen Mangel an Informationen über medikamentöse Therapien, 53% einen Mangel an Informationen über nicht-medikamentöse Therapien. https://www.stmgp.bayern.de/pflege/demenz/

Die 29. Alzheimer Europe-Konferenz fand vom 23.-25. Oktober 2019 in Den Haag statt. 954 Gäste aus 46 Ländern nahmen an dem Kongress mit dem Titel „Wertvolle Verbindungen herstellen“ teil. Im Mittelpunkt stand der Austausch von Forschung, Projekten und Erfahrungen. https://www.alzheimer-europe.org/