Autos, Züge, Baustellen – auch Lärm aus der Umgebung kann das Risiko steigern, im Alter eine Demenz zu entwickeln. Das zeigt eine Studie über die Auswirkungen von Umgebungslärm in der US-Metropole Chicago.
Lernschwierigkeiten bei Kindern sowie Hörschäden, Schlafstörungen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Erwachsenen – das sind einige der möglichen Gesundheitsschäden, die Studien zufolge durch Lärm verursacht werden können. Schon für sich genommen können diese Schäden zum Teil das Demenzrisiko erhöhen. Welche Rolle spielt nun der Lärm in Bezug auf die Entwicklung möglicher geistiger Beeinträchtigungen? Das hat ein US-Forscherteam in vier Stadtvierteln in der US-Großstadt Chicago untersucht. Die Autor*innen schätzen, dass im Jahr 2013 mehr als 100 Millionen US-Amerikaner*innen einer Lärmbelastung ausgesetzt waren, die den behördlich festgelegten Grenzwert überschritt, ab dem ein Risiko für lärmbedingte Hörschäden besteht.
Lärmbelastung mit Entwicklung des geistigen Zustands verknüpft
In ihrer Langzeit-Studie verknüpften sie daher Schätzungen zur Lärmbelastung mit Informationen über die Entwicklung der geistigen Leistungsfähigkeit. Dafür untersuchten sie alle drei Jahre den kognitiven Zustand von 5.227 Erwachsenen im Alter von 65 Jahren und älter, die am “Chicago Health and Aging Project” teilnahmen. Zudem schätzten sie mit Hilfe eines Vorhersage-Modells die Lärmpegel in den Vierteln, in denen die Teilnehmenden in den fünf Jahren vor den Untersuchungen lebten. Für ihre Berechnungen des Demenzrisikos berücksichtigen sie auch Faktoren wie körperliche Aktivität, Bildung, Einkommenshöhe, soziale Kontakte sowie Zufriedenheit innerhalb der Nachbarschaft (Gefühl von Sicherheit, Vandalismus u.ä.).
Laute Wohnumgebung erhöht Alzheimer-Risiko
Die Ergebnisse der Studie zeigten, dass eine laute Wohnumgebung bei älteren Erwachsenen das Risiko erhöhte, leichte geistige Beeinträchtigungen oder eine Alzheimererkrankung zu entwickeln. Danach hatten Personen, die tagsüber mit 10 Dezibel mehr Lärm in der Umgebung lebten, eine um 36 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit, leichte kognitive Beeinträchtigungen zu entwickeln und eine um 29 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit, an Alzheimer zu erkranken. In Bezug auf die geistigen Fähigkeiten war insbesondere die Wahrnehmungsgeschwindigkeit betroffen.
Chance für die öffentliche Gesundheit
„Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass in typischen städtischen Gemeinden in den USA höhere Lärmpegel die Gehirne älterer Menschen beeinträchtigen können”, sagte die leitende Autorin Sara D. Adar von der University of Michigan School of Public Health in Ann Arbor. “Dies ist eine wichtige Erkenntnis, da Millionen von Amerikanern derzeit von hohen Lärmpegeln in ihren Gemeinden betroffen sind.“ Die Forscher*innen empfehlen, das Thema noch eingehender zu untersuchen und sehen darin eine Chance für die öffentliche Gesundheit, durch lärmreduzierende Maßnahmen die Belastung sowohl auf individueller als auch auf Bevölkerungsebene reduzieren zu können.
Hier geht es zur Studie:
Long‐term community noise exposure in relation to dementia, cognition, and cognitive decline in older adults (Okt 2020)
Weitere Informationen zum Thema:
Science Daily: Community noise may affect dementia risk