Wie wirken sich Luftverschmutzung und Klimawandel in der Zukunft auf die Häufigkeit von Demenzneuerkrankungen aus? Dieser Frage gingen Forschende aus Spanien auf den Grund.
Luftverschmutzung ist ein zentrales Gesundheitsrisiko, das durch den Klimawandel verstärkt wird. So zeigten unterschiedliche Studien Zusammenhänge zwischen Schadstoffen wie zum Beispiel Feinstaub und Stickstoffdioxid und Alzheimer auf. Angesichts einer alternden Bevölkerung in Europa – bis 2060 könnte ein Drittel aller Europäer über 65 Jahre alt sein – wird dies zunehmend relevant.
Dennoch sind wissenschaftliche Erkenntnisse zum Einfluss von Luftschadstoffen auf Demenzerkrankungen begrenzt. Der Klimawandel kann die Konzentrationen und Dynamik von Luftschadstoffen verändern – doch die möglichen Auswirkungen des Klimawandels auf neurodegenerative Erkrankungen wurden bislang noch nicht untersucht. Dies war für die Forschenden aus Spanien wesentlich, dieser zentralen Frage auf den Grund zu gehen.

Belastung durch Stickstoffdioxid und Feinstaub am größten
Zunächst bewerteten sie den Zusammenhang zwischen Luftverschmutzung und der Häufigkeit von Alzheimer-Erkrankungen und von nicht näher bezeichneten Demenzen für den Klimazeitraum von 1991 bis 2010. In einem weiteren Schritt entwarfen sie ein Zukunftsszenario, wie sich die Häufigkeit der Demenzneuerkrankungen zwischen 2031 und 2050 gestalten könnte.
So sind in Europa aktuell geschätzt jährlich 498.000 neu auftretende Fälle von Alzheimer-Erkrankungen und 314.000 neu auftretende Fälle von nicht näher bezeichneten Demenzen auf Luftverschmutzung zurückzuführen. Hauptverantwortlich für die Belastung sind Stickstoffdioxid, eine chemische Verbindung, und Feinstaub, wobei Stickstoffdioxid ein höheres Demenzrisiko darstellt.
Zukunftsprogose bis 2025
Demgegenüber lautet die Zukunftsprognose bis 2050, dass die Neuerkrankungsrate pro Jahr um 72 Prozent – auf 860.000 neue Alzheimer- und 541.000 neue nicht näher bezeichnete Demenzfälle – steigen wird. Nach Aussage der Forschenden deuten ihre Ergebnisse darauf hin, dass 4,8 Prozent dieser sogenannten Gesamtinzidenzrate von Alzheimer in der Gegenwart und 9,7 Prozent in der Zukunft auf die Belastung durch Luftverschmutzung zurückzuführen sein könnten. Gleichzeitig betonen die Autoren, dass diese zukünftigen Neuerkrankungsraten im Wesentlichen auch durch eine alternde Bevölkerung verursacht werden: Bis 2050 wird ein Drittel der EU-Bevölkerung über 65 Jahre alt sein.
Auch Deutschland stark betroffen
Ob in der Gegenwart oder in der Zukunft: Als Gebiete, die in Europa am stärksten betroffen sind, gelten unter anderem die mittel- und westeuropäischen Länder wie Deutschland, die Niederlande, Frankreich und England. In diesen Regionen treffen hohe Schadstoffwerte auf eine hohe Bevölkerungsdichte. Durch den demografischen Wandel werden diese Länder auch in Zukunft mit am stärksten betroffen sein, auch im Falle sinkender Luftverschmutzung. Umso wichtiger sei es, so die Autorinnen und Autoren, die die Belastung durch Luftschadstoffe zu verringern und präventiv Gesundheitsstrategien zu entwickeln und umzusetzen.
Tipp für die Praxis: Eine verschmutzte Luft kann das Demenzrisiko erhöhen. Deshalb sollten Sie versuchen, sich vor Schadstoffen wie Feinstaub bestmöglich zu schützen, zum Beispiel durch Luftfilter gegen Feinstaub in Wohnräumen oder der Vermeidung zusätzlicher Schadstoffquellen wie Zigaretten oder Kaminöfen in Innenräumen.
Hier geht’s zur Studie:
Effects of air pollution on dementia over Europe for present and future climate change scenarios