In einer systematischen Übersichtsarbeit kommen Forschende aus Spanien zu dem Schluss: Glyphosatrückstände in der Umwelt und in Lebensmitteln können gleich mehrere unterschiedliche Schädigungen des Nervensystems hervorrufen.
Stimmungsveränderungen, Aufmerksamkeitsdefizite, Hyperaktivitätsstörung, Krebs, Nierenschäden oder Alzheimer-Demenz und Parkinson: In ihrer systematischen Übersichtsarbeit haben die Forschenden aus Spanien analysiert, welche Erkrankungen Glyphosat beim Menschen auslösen kann. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben dazu zahlreiche Studien über die Wirkungen und Wirkmechanismen von Glyphosat gesichtet und ausgewertet.
Die Studienergebnisse basierten dabei auf der Beobachtung klinischer Anzeichen und Symptome bei Menschen, die dem Pestizid versehentlich oder absichtlich ausgesetzt waren. Auch Ergebnisse aus In-vitro-Studien mit menschlichen Zellen, also aus dem Labor, haben zum Erkenntnisgewinn beigetragen.
Aus dem Gleichgewicht geraten
So scheint sich das Herbizid beispielsweise auf die sogenannte Neurotransmission, also auf die Kommunikation zwischen den Neuronen (Nervenzellen) an den synaptischen Kontaktstellen, auszuwirken und „oxidativen Stress“ auszulösen. Hierbei gerät im Körper das Gleichgewicht zwischen freien Radikalen und Antioxidantien durcheinander – ein Beispiel dafür, wie ein Umweltgift den Stoffwechsel beeinflussen kann. In diesem Zusammenhang kann Glutamat, der am häufigsten vorkommende Neurotransmitter im Nervensystem, betroffen sein. Glutamat ist, so schreiben die Forschenden, „an verschiedenen kognitiven Funktionen wie Lernen und Gedächtnis beteiligt.“
Entzündliche Reaktionen im Gehirn
Auch durch Glyphosat verursachte Schädigungen wie zum Beispiel Neuroinflammationen können auftreten. Entzündliche Reaktionen im Gehirn sind gerade bei der Alzheimer-Demenz von erheblicher Bedeutung. „Die Entzündungsreaktion spielt eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, das Immunsystem bei der Bewältigung bestimmter pathologischer Zustände zu unterstützen, aber wenn diese Reaktion unausgewogen wird oder über einen längeren Zeitraum anhält, kann sie das Zentrale Nervensystem (ZNS) schädigen“, erläutern die Forschenden. Sowohl oxidativer Stress als auch Neuroinflammationen können dabei zum Absterben von Nervenzellen führen.
Ebenso könnte die neuronale Entwicklung des ZNS beeinflusst werden. Waren zum Beispiel Mütter während der Schwangerschaft Pestiziden, darunter auch Glyphosat, ausgesetzt, kam es zu Entwicklungs- und Autismus-Spektrum-Störungen bei Kindern.
Glyphosat – ein Übeltäter unter vielen
In der Übersichtsarbeit weisen die Verfasser allerdings darauf hin, dass Erkrankungen nicht ausschließlich auf Glyphosat allein zurückgeführt werden können, da sie auch durch andere Ursachen verursacht worden sein könnten. Dennoch fassen sie zusammen: Obwohl es erhebliche Diskrepanzen zwischen den analysierten Ergebnissen gibt, sei es eindeutig, dass die Glyphosatbelastung „erhebliche Veränderungen“ in und schwerwiegende Folgen für die Struktur und die Funktion des Nervensystems von Menschen haben kann.
Hier geht’s zur Studie:
Toxic Effects of Glyphosate on the Nervous System: A Systematic Review