Überprüfung der Fahrtauglichkeit von Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen: ein systematisches Review

Hintergrund: Demenzielle Erkrankungen gehen häufig mit Symptomen einher, welche die Fahrsicherheit beeinträchtigen [1]. In Deutschland erfolgt aktuell keine regelmäßige, standardisierte Überprüfung der Fahrtauglichkeit von MmD oder MCI mit evidenz-basierten Methoden. Gleichwohl es sich aufgrund der hohen Prävalenz demenzieller Erkrankungen [2] um ein Thema von großer gesellschaftlicher Relevanz handelt.

Fragestellung: Welche evidenz-basierten Methoden eignen sich zur Beurteilung der Fahrtauglichkeit von MmD oder MCI?

Methode: Die Fragestellung wurde mit dem PICO-Schema strukturiert. Es wurde eine umfassende, systematische Literaturrecherche für den Zeitraum 2015-2020 durchgeführt. Die Recherche erfolgte in den Datenbanken Medline, PsycINFO, LIVIVO, PubPsych, Scopus, Cinahl und CENTRAL.

Ergebnisse: Es konnten 30 Studien in die qualitative Analyse eingeschlossen werden. Die identifizierten Methoden zur Überprüfung der Fahrtauglichkeit von MmD oder MCI können in praxisbasierte Testverfahren und theoriebasierte Beurteilungsinstrumente unterschieden werden. Praxisbasierte Testverfahren sind: Praxisfahrtest (On-road), Fahrsimulator und Fahrverhaltensbeurteilung im natürlichen Umfeld (Naturalistic Driving). Theoriebasierte Methoden sind: Neuropsychologische Tests, fahrspezifischen Testungen und Fragebögen zur Selbsteinschätzung. In allen Methoden konnten signifikante Zusammenhänge zur Beurteilung des Fahrverhaltens identifiziert werden. Die Ergebnisse sind jedoch heterogen.

Diskussion: In der Literatur besteht Konsens darüber, dass eine zuverlässige Aussage zur Fahrsicherheit nicht auf Basis eines einzelnen Tests erfolgen sollte. Daher ist eine Kombination aus verschiedenen Testungen und Methoden sinnvoll und notwendig. Neben theoriebasierten Screenings, wie beispielsweise MMST und Trail Making Test, ist bei Bedarf der Einsatz praxisbasierter Methoden, wie On-Road und Naturalistic Driving zu empfehlen. Der deutschsprachige SAFE-Fragebogen (Safety Advice For Elderly drivers) [3] ermöglicht durch die Einschätzung verschiedener Risikofaktoren eine zuverlässige Beurteilung der Fahrsicherheit von älteren Menschen.

Praktische Implikationen: In Anlehnung an internationale Regelungen sollte es ein standardisiertes Vorgehen geben, wonach die Fahrsicherheit von MmD oder MCI regelmäßig mit evidenz-basierten Methoden überprüft wird. Die Überprüfung sollte kostenfrei sein und durch geschultes Fachpersonal des Gesundheitswesens erfolgen. Auf diese Weise könnten MmD oder MCI so lange wie möglich in Sicherheit aktiv am Straßenverkehr teilnehmen.

Literaturverzeichnis:

[1] Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) und Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) S3-Leitlinie „Demenzen“: Langversion (01.2016). 2016
[2] Bickel, H. Informationsblatt 1. Die Häufigkeit von Demenzerkrankungen (06.2018). Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V. Selbsthilfe Demenz, 2018.
[3] Schulz, P., et al., Preliminary validation of a questionnaire covering risk factors for impaired driving skills in elderly patients. Geriatrics (Switzerland), 2016. 1(1)

2021-10-08_DKVF_Ueberpruefung-der-Fahrtauglichkeit-von-Menschen-mit-kognitiven-Beeintraechtigungen

Vortrag vorgestellt auf dem 20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung am 08.10.2021

Linda Karrer, Elisabeth Pfleger, Peter L. Kolominsky-Rabas

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