Wenn An- und Zugehörige Menschen mit Demenz pflegen, erleben die Betreuenden nicht nur Stress oder das Gefühl mangelnder Anerkennung. Vielmehr erfahren sie auch Positives. Dies hat ein Forschungsteam des Uniklinikums Erlangen und der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) in einer aktuellen Studie wissenschaftlich belegt.

Pflege muss nicht immer belastend sein. Sie kann auch ihre positiven Seiten haben, die sich erst durch die Pflegetätigkeit ergeben. Ursächlich für die Pflegebedürftigkeit sind zum Beispiel Altersgebrechlichkeit, eine Demenzerkrankung, Schlaganfall und Krebs.

Pflege muss nicht immer belastend sein.
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Die sogenannten Zugewinne (Benefits), die Pflegende erleben, könnten sich dabei vorteilhaft auf die Pflegenden, die Menschen mit Demenz und die gesamte Situation in der häuslichen Pflege auswirken. Das bedeutet: Das Erleben von Zugewinnen könnte negative psychologische (zum Beispiel Depression) und physiologische (etwa körperliche Beschwerden) Auswirkungen der Pflegetätigkeit abmildern. 

Vielfältige Zugewinne

Wie vielfältig die Zugewinne sind, hat das Forschendenteam rund um Dr. Anna Pendergrass in ihrer aktuellen Studie aufgezeigt. So gaben 61,7 Prozent der Befragten an, dass ihnen durch die Pflegetätigkeit deutlicher geworden ist, welche Werte ihnen persönlich in ihrem Leben wichtig sind. Mehr als die Hälfte der Studienteilnehmenden hat „viel dazu gelernt“. Demgegenüber berichteten 41 Prozent, ihre Zeit besser organisieren zu können. 

Die pflegenden Angehörigen machten aber auch andere Erfahrungen: Sie sind geduldiger und reifer geworden, erlebten mehr Wertschätzung von anderen oder haben eine positivere Lebenseinstellung gewonnen. Zudem erleben die Pflegenden die Zugewinne völlig unabhängig von der Belastung und der Dauer der Pflege. 

Wissenschaftlich gültig erfassbar

Im Rahmen der Studie haben die Forschenden weltweit erstmalig einen speziellen Fragebogen für pflegende Angehörige entwickelt, mit dem sich der Zugewinn durch häusliche Pflege wissenschaftlich gültig erfassen lässt. Mit dessen Hilfe erfahren die Pflegenden einen Nutzen für sich selbst. Gleichzeitig lernen sie, dass der erlebte Nutzen das Ergebnis ihrer Pflegetätigkeit ist. 

Wichtig war es den Forschenden, bei der Entwicklung des Fragebogens Wissenschaftler*innen verschiedener Disziplinen, Expert*innen aus Demenzversorgung und Pflege sowie Angehörige einzubeziehen. Im Rahmen der anschließenden Studie befragten die Forschenden in einer repräsentativen Piloterhebung, unterstützt vom Medizinischen Dienst (MD) Bayern, mehr als 900 pflegende An- und Zugehörige. 

Stärkung der häuslichen Pflege in Deutschland

Das wichtigste Ziel der Studie war es, zur Verbesserung der Pflegesituation in Deutschland beizutragen und günstige Faktoren zu ermitteln, die zu mehr Benefits führen. Dies ist den Wissenschaftler*innen auf beeindruckende Art gelungen. So können praktische Maßnahmen entwickelt werden, die dazu beitragen, die häusliche Pflege in Deutschland zu stärken.

Tipp für die Praxis: Werden Sie sich Ihrer eigenen Zugewinne durch die Pflege bewusst. Nutzen Sie dazu gerne den wissenschaftlich evaluierten Fragebogen „Benefits of Being a Caregiver“ aus der Studie.

Hier geht’s zur Studie:

Validation of the Benefits of Being a Caregiver Scale (BBCS) – further developmentof an independent characteristic of informal caregiving

Hier können Sie den Fragebogen „Benefits of Being a Caregiver“ (deutsch: Zugewinne für pflegende Angehörige durch die Tätigkeit als pflegender Angehöriger) kostenfrei herunterladen.

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