Schreitet der kognitive Abbau bei Menschen mit Demenz fort, kann die „Vorausschauende Versorgungsplanung“ (Advance Care Planning, ACP) sowohl für den Betroffenen als auch für die pflegenden An- und Zugehörigen eine wertvolle Unterstützung sein. Denn ACP hilft dabei, die individuellen Präferenzen für die zukünftige Behandlung zu erkennen und strukturiert zu dokumentieren. Darüber hinaus trägt die vorausschauende Versorgungsplanung dazu bei pflegenden An- und Zughörigen einen besseren Einblick in die Werte und Wünsche der Menschen mit Demenz zu verschaffen.
Welche Erfahrungen Menschen mit Demenz und ihre pflegenden An- und Zugehörigen mit zwei Online-Angeboten gemacht haben und inwiefern diese Tools überhaupt genutzt wurden, haben belgische Forschende untersucht. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler entwickelten eine sogenannte ACP-Support-Website mit zwei speziellen Anwendungen für und mit Menschen mit Demenz und ihren pflegenden An- und Zugehörigen in Flandern, dem niederländischsprachigen Teil Belgiens. „Die Website soll Menschen mit Demenz und ihre pflegenden Angehörigen bei der Kommunikation und Teilnahme an ACP informieren und unterstützen“, so die Forschenden.
Bei „Jetzt an später denken“ handelte es sich um ein Reflexions- und Kommunikationstool mit offenen Fragen zu wichtigen Aspekten wie zum Beispiel „Was ist Ihnen am wichtigsten?“. Auf diese Weise konnten persönliche Werte und Präferenzen hinsichtlich der gegenwärtigen und zukünftigen Pflege umfassend erkundet werden. Das Tool „Lebenswunschkarten“ hingegen enthielt vorformulierte Aussagen, die zum Nachdenken darüber anregen sollten, was für die zukünftige Pflege und Behandlung am Lebensende wichtig ist.
Beide Anwendungen standen den Betroffenen acht Wochen lang zur Verfügung, damit diese die ACP-Support-Website nach ihren Wünschen nutzen. Nach Ablauf des Untersuchungszeitraumes wurden mit den Probanden Interviews geführt.
„Digitale Tools können Menschen mit Demenz und ihre pflegenden An- und Zugehörigen in der vorausschauenden Versorgungsplanung unterstützen.“
Jana Rühl, digiDEM Bayern-Wissenschaftlerin
Von den 52 Teilnehmenden waren 21 an leichter bis mittelschwerer Demenz erkrankt, 31 waren pflegende Angehörige. Die durchschnittliche Sitzungsdauer betrug 14 Minuten. „22 Teilnehmende setzten sich aktiv mit den Tools auseinander, die Mehrheit nutzte sie einmal, sieben wiederholten sie“, schreiben die Forschenden. Sie gelangten zu einer positiven Bilanz. Obwohl weniger als die Hälfte der Befragten die ACP-Tools nutzte, empfanden diejenigen, die sie nutzten, sie als hilfreich, um die Kommunikation zwischen Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen zu erleichtern.“
Die Teilnehmenden berichteten, dass Menschen mit Demenz Schwierigkeiten hatten, die Anwendungen selbstständig zu nutzen. Deshalb spielten bei der Nutzung der webbasierten Tools pflegende Angehörige eine entscheidende Rolle: Sie erleichterten den teilnehmenden Menschen mit Demenz die Nutzung der Online-Instrumente. Die Menschen mit Demenz nutzen die Website lieber gemeinsam mit pflegenden Angehörigen, „weil sie sich unsicher fühlten und Angst hatten, etwas falsch zu machen.“
Die pflegenden An- und Zugehörigen stellten außerdem fest, „dass die Tools für ihr Familienmitglied mit Demenz wertvoll waren, da sie ihnen ermöglichten, Gedanken auszudrücken, die sie für wichtig hielten, aber nur schwer kommunizieren konnten.“ Zudem seien die beiden Webseiten-Angebote „eine gute Möglichkeit“, Gespräche über ACP zu beginnen.
Webseitengestützte Tools allein reichen nach Ansicht der Forschenden allerdings nicht aus. „Wenn Menschen mit Demenz jedoch stark auf die digitalen Fähigkeiten pflegender Angehöriger angewiesen sind, kann dies eine zusätzliche Belastung für die pflegenden Angehörigen darstellen.“ Dies bedeute im Umkehrschluss für Menschen mit Demenz, die keine pflegenden Angehörigen haben, weniger Teilhabe an den Tools. Daher fordern die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Entwicklung von mehr Strategien, die den potenziellen Unterstützungsbedarf von Menschen mit Demenz decken und gleichzeitig die pflegenden An-Und Zugehörigen „angemessen unterstützen“
Tipp für die Praxis:
Beginnen Sie frühzeitig, sich mit der Vorausschauenden Versorgungsplanung auseinanderzusetzen. Digitale Angebote können dabei eine wertvolle Unterstützung sein, um Gespräche über Ihre Wünsche und Bedürfnisse anzustoßen und zu strukturieren.
digiDEM Bayern entwickelt digitale Angebote für Menschen mit kognitiven Einschränkungen und Demenz sowie für pflegende An- und Zugehörige und ehrenamtliche Helfende und stellt die Angebote auf digiDEM-Bayern.de zur Verfügung.
Unser Tipp: Der „digiDEM Bayern Präventionscoach ®“ ist unser neues digitales Angebot, das wir Ihnen ans Herz legen möchten. Welche Risikofaktoren begünstigen Demenz? Warum stehen Risikofaktoren wie zum Beispiel nachlassendes Hören und Sehen, geringe Bildung, Depression, soziale Isolation oder körperliche Inaktivität in Zusammenhang mit der Wahrscheinlichkeit, eine Demenz zu entwickeln? Was können Sie präventiv für Ihre kognitive Gesundheit tun? Mit unserem digitalen Präventionscoach® möchten wir Sie ermutigen, sich in wenigen Schritten über Ihre eigenen Demenzrisikofaktoren zu informieren. Erfahren Sie, wie Sie im Alltag Ihr Gehirn aktiv fit halten und informieren Sie sich über die Möglichkeiten, das Demenzrisiko zu reduzieren.
Hier geht’s zu unserem Online-Angebot „digiDEM Bayern Präventionscoach®“.
Nutzen Sie auch unseren digitalen Fragebogen „digiDEM Bayern DEMAND®“ und empfehlen Sie ihn weiter. Er hilft pflegenden An- und Zugehörigen, die eigenen Versorgungsbedarfe zu erkennen, wenn der Pflegebedarf von Menschen mit Demenz steigt. Hier gelangen Sie zum Fragebogen „digiDEM Bayern DEMAND®“.
Hier geht’s zu den bisherigen Ausgaben unseres Newsletters digiDEM Bayern DIGITAL UPDATE.