Schreitet eine Demenzerkrankung fort, bedeutet dies für Betroffene ab einem bestimmten Zeitpunkt: Das Auto bleibt fortan in der Garage. Doch wie lässt sich die Fahrtauglichkeit zuverlässig überprüfen? Wissenschaftler*innen am Interdisziplinären Zentrum für Health Technology Assessment (HTA) und Public Health der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) haben dazu neue Erkenntnisse gewonnen.

Das Autofahren klappt schon noch! Oder doch nicht? Mehr als 1,6 Millionen Menschen mit Demenz leben derzeit in Deutschland, bis 2050 wird die Zahl voraussichtlich auf 2,7 Millionen Menschen steigen. Mit der vorausgesagten Zunahme demenzieller Erkrankungen rückt ein Thema von großer gesellschaftlicher Bedeutung in den Mittelpunkt: die Frage nach der Fahrtauglichkeit älterer Menschen.

Die Überprüfung der Fahrtauglichkeit bei Demenz ist wichtig.
Die Fahrtauglichkeit von Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen sollte durch eine Kombination aus theorie- und praxisbasierten Methoden engmaschig überprüft werden.
Foto: Shutterstock

Wissenschaftlich ist erwiesen, dass die ersten Anzeichen einer Demenz sich schon sehr früh bemerkbar machen: Wie schnell übersieht man ein Verkehrszeichen oder schätzt die Geschwindigkeit falsch ein. Im Straßenverkehr können solche kognitiven Einschränkungen fatale Auswirkungen haben. Umso wichtiger ist es, frühzeitig die Fahrtauglichkeit zuverlässig überprüfen zu lassen. Wie dies geschehen sollte, haben nun Wissenschaftler*innen am Interdisziplinären Zentrum für Health Technology Assessment (HTA) und Public Health der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg im Rahmen des Forschungsprojektes digiDEM Bayern untersucht.

In der Studie kommt Linda Karrer mit ihrem Team von Wissenschaftler*innen zu dem Schluss: “Um die Fahrtauglichkeit von Menschen mit Demenz zu bestimmen, reichen einzelne neuropsychologische Tests nicht aus.” In der aktuellen Veröffentlichung von Februar 2022 empfiehlt die Forscherin: “Praxisorientierte Fahrtests haben gegenüber psychologischen Untersuchungen eine höhere Aussagekraft.”

Mehr als 2200 internationale Studien gesichtet

Gemeinsam mit ihren Kolleg*innen ging Autorin Linda Karrer der Frage nach, welche wissenschaftlich abgesicherten Methoden geeignet sind, um die Fahrtauglichkeit von Menschen mit Demenz oder Menschen mit milden kognitiven Einschränkungen (Mild Cognitive Impairments, MCI) zu beurteilen. Die systematische Übersichtsarbeit (Review) gibt dabei einen umfassenden Überblick über den aktuellen Stand der weltweiten Fachliteratur.

So sichtete das Forscherteam zunächst insgesamt 2225 wissenschaftliche Arbeiten. Im nächsten Schritt wurden 30 ausgewählte Studien aus USA, Australien, Griechenland, Argentinien, Niederlande, Kanada, Österreich, Frankreich und Deutschland untersucht und analysiert.

So wird nach aktuellem Stand der Wissenschaft zwischen praxisorientierten Testverfahren und theoriebasierten Methoden unterschieden. So zählen die Fachleute zum Beispiel Praxisfahrtests, Fahrsimulatoren oder das Beobachten des Fahrens im natürlichen Umfeld zu den praxisorientierten Testverfahren, um die Fahrsicherheit zu überprüfen.

Demgegenüber werden bei theoriebasierten Methode spezielle neuropsychologische Tests angewendet wie etwa der sogenannte Mini Mental Status Test. Erfasst wird hierbei etwa die zeitliche und örtliche Orientierung, die Merkfähigkeit und das Kurzzeitgedächtnis

Kombination aus Theorie- und Praxistests

Eine Demenzerkrankung verläuft fortschreitend. „Deshalb sollte die Fahrtauglichkeit von Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen engmaschig durch eine Kombination aus theorie- und praxisbasierter Methoden überprüft werden“, unterstreicht der Neurologe Prof. Peter Kolominsky-Rabas, Leiter des IZPH und einer der Projektleiter von digiDEM Bayern.

Hier befindet sich die Studie im Original.

Pressekontakt:

Ilona Hörath
Pressereferentin
Tel: +49-9131-85-35858
Mobil: +49 163-883 884 5
E-Mail: ilona.hoerath@fau.de
Web:      www.digidem-bayern.de

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Digitales Demenzregister Bayern – digiDEM Bayern

Interdisziplinäres Zentrum für Health Technology Assessment (HTA) und Public Health
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (IZPH)
Nationales Spitzencluster ‚Exzellenzzentrum für Medizintechnik – Medical Valley EMN‘

Schwabachanlage 6

91054 Erlangen

Über digiDEM Bayern:

digiDEM Bayern baut ein digitales Demenzregister für Bayern auf, um den Langzeitverlauf der Erkrankung besser zu verstehen und die Versorgungssituation von Menschen mit Demenz und deren Angehörigen in ganz Bayern zu verbessern. Dafür werden Menschen mit leichten kognitiven Beeinträchtigungen oder Demenz und ihre pflegenden Angehörigen zu ihrer Situation systematisch befragt.

Darüber hinaus entwickelt digiDEM Bayern digitale Angebote für Menschen mit kognitiven Einschränkungen und Demenz sowie für pflegende Angehörige und ehrenamtliche Helfer*innen. So gibt es zum Beispiel die „Angehörigenampel“, einen kostenlosen, anonymen Selbsttest, der pflegenden Angehörigen mittels gezielter Fragen den Grad ihrer persönlichen Belastung anzeigt und ihnen damit einen Anstoß zur Veränderung der Lebenssituation gibt.

digiDEM Bayern ist ein interdisziplinäres Forschungsprojekt der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, des Universitätsklinikums Erlangen und des Innovationsclusters Medical Valley Europäische Metropolregion Nürnberg. Gefördert wird das Projekt vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege (StMGP) im Rahmen des Masterplans „BAYERN DIGITAL II“.

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