Die Einnahme von verschiedenen Medikamenten kann als möglicher Frühindikator für eine Demenz im jüngeren Lebensalter dienen. Zu dieser Erkenntnis gelangten dänische Forschende. Sie haben die Medikamenteneinnahme von Menschen untersucht, die vor dem 65. Lebensjahr an Demenz erkrankten.
Eine oft übersehene Patientengruppen sind Menschen mit einer seltenen Demenzform, der sogenannten „Young Onset Demenz“ (YOAD), die bereits im jüngeren Lebensalter auftreten kann. Betroffene Menschen erkranken zwischen dem 18. und 65. Lebensjahr an Demenz. Dänische Forschende haben nun den Medikamentengebrauch vor der Diagnose dieser Demenz analysiert. Das Ziel der Studie war es zu untersuchen, ob Menschen mit der Diagnose YOAD im Vergleich zu kognitiv gesunden, vergleichbaren Erwachsenen ein verändertes Muster der Einnahme verschreibungspflichtiger Medikamente aufweisen.

Daten aus dem dänischen Qualitätsregister
Analysiert wurden die Daten von 1.745 Menschen mit YOAD im Vergleich zu 5.235 kognitiv gesunden Kontrollpersonen. Die Daten stammten aus der “Danish Quality Database for Dementia“ (DanDem), ein dänisches Register ähnlich wie digiDEM Bayern. Dort sind Informationen zu allen Patienten erfasst, die seit der Einrichtung der Datenbank im Jahr 2016 in dänischen Gedächtnisambulanzen behandelt wurden.
Unterschiedliche Medikamentenkategorien
Die Forschenden analysierten den Zusammenhang zwischen der Einnahme von verschiedenen verschreibungspflichtigen Medikamenten und einer möglichen späteren YOAD-Diagnose. Dabei untersuchten sie einen Zeitraum von bis zu 10 Jahren vor der Erstdiagnose. Diese Zeitspanne haben die Forschenden bewusst gewählt, “um dem allmählichen Beginn und dem Fortschreiten der Alzheimer-Demenz Rechnung zu tragen.” Die Medikamentenkategorien waren dabei sehr vielfältig und umfassten zum Beispiel Medikamente für den Verdauungstrakt und Stoffwechsel, für das Herz-Kreislauf-System und Medikamenten für das Muskel-Skelett-System.
“Bemerkenswerte Unterschiede”
In ihrer Studie sprechen die Forschenden zurecht von “bemerkenswerten Unterschieden” hinsichtlich der Medikamenteneinnahme zwischen Personen mit YOAD-Diagnose und Gesunden. “Besonders bemerkenswert waren die Unterschiede im Einsatz von Medikamenten für das Nervensystem.” Menschen mit YOAD wiesen bereits im Zeitraum zehn bis ein Jahr vor der Diagnose einen in etwa um 20 Prozent erhöhten Medikamentengebrauch im Bereich Nervensystem auf, der sich im Jahr unmittelbar vor der Diagnose auf 57 Prozent erhöhte. “Dies war hauptsächlich auf die Einnahme von Antidepressiva und Antipsychotika zurückzuführen”, begründeten die Forschenden ihr Ergebnis. Vergleichbare Ergebnisse wurden ebenso für die Einnahme von Medikamenten für das Blut oder blutbildende Organe gefunden.
Zusammenhang zwischen Depression und Alzheimer
Nach Aussage der Forschenden deuten die Ergebnisse auf einen Zusammenhang zwischen Depression sowie weiteren psychischen Erkrankungen und YOAD hin. “Das Auftreten behandlungsbedürftiger psychiatrischer Symptome wie Depressionen oder Psychosen in der Lebensmitte kann als potenzieller Frühindikator für YOAD dienen”, bilanzieren die Forschenden. Diese Ergebnisse liefern wertvolle Erkenntnisse für die Früherkennung von YOAD, „denn wer sich früh auftretender Symptome bewusst ist, kann eine rechtzeitige Diagnose ermöglichen”.
Tipp für die Praxis: Bei der Einnahme von Antidepressiva oder Antipsychotika sollte man daran denken: Lässt im Verlauf der Zeit die geistige Leistungsfähigkeit nach oder treten Wesensveränderungen auf, könnte sich möglicherweise eine „Demenz im jüngeren Lebensalter“ entwickeln.
Hier geht’s zur Studie: