Wie wirksam ist eine medizinische Cannabistherapie mit Cannabidiol (CBD), dem dem nichtberauschend wirkenden Bestandteil der Hanfpflanze, bei Erwachsenen mit neuropsychiatrischen Symptomen als Folge von Alzheimer-Demenz? Eine Studie aus Kolumbien kam zu dem Schluss, dass CBD-reiches Öl sowohl den Schweregrad der Symptome bei Betroffenen als auch die emotionale und körperliche Pflegebelastung bei Angehörigen reduzieren kann.

Halluzinationen, Angstzustände, Unruhe oder Apathie und Reizbarkeit: Mit einem fortschreitenden Krankheitsverlauf der Alzheimer-Demenz gehen in der Regel auch neuropsychiatrische Symptome (NPS) einher. Diese können für pflegende An- und Zugehörige belastend sein, da sie sich erschwerend auf die tägliche Pflegetätigkeit auswirken. Zudem können NPS dazu führen, dass Betroffene übermäßig viele Medikamente (Polypharmazie) verschrieben bekommen. Oft müssen die Erkrankten dabei gleichzeitig und dauerhaft mehr als fünf verschiedene Arzneimittel einnehmen.

Eine Studie aus Kolumbien kam zu dem Schluss, dass CBD-reiches Öl sowohl den Schweregrad der Symptome bei Betroffenen als auch die emotionale und körperliche Pflegebelastung bei Angehörigen reduzieren kann.
Foto: Shutterstock

Wirksam und sicher

Um alternative Behandlungsansätze zu finden, haben Forschende die Wirkung von sogenanntem CBD-Öl bei Patienten und Patientinnen mit neuropsychiatrischen Symptomen untersucht. Das zentrale Ergebnis der Forschungsarbeit, die im September 2024 veröffentlicht wurde, macht deutlich: CBD-Öl, das reich ist an dem nicht berauschend wirkenden Hanfpräparat Cannabidol, kann als Therapie von NPS bei einer Tagesdosis von bis zu 111 mg als wirksam und sicher bewertet werden. Dies gelte unabhängig von Geschlecht, Alter, Dauer der Alzheimer-Demenz und Schweregrad der Symptome. Eine niedrige CBD-Dosis und eine langsame Anpassung der Dosis bei dem Patienten verbesserten zudem die Verträglichkeit der Therapie. Die beobachteten Verbesserungen blieben bis zu 24 Monate lang bestehen.

Die Wirkung zeigte sich insbesondere in Bezug auf die Reduktion von Halluzinationen, Angstzustände, Unruhe, Apathie und Reizbarkeit. Die Studie wies aber auch Verbesserungen in den neuropsychiatrischen Symptomen Depression, Euphorie, Enthemmung, bei motorischen Störungen, nächtlichem Umherwandern und untypischem Essverhalten nach. 

Belastung der Pflegenden wird reduziert

Aber auch die pflegenden An- und Zugehörigen profitieren von der Therapie. Dies bestätigten die Analyseergebnisse. Die Pflegebelastung der An- und Zugehörigen verringerte sich, sie empfanden weniger Stress. Zudem verringerte sich die finanzielle Belastung, die etwa durch Polypharmazie und die Verlegung der Betroffenen in eine stationäre Pflegeeinrichtung entstanden war. Diese Ergebnisse könnten darauf hindeuten, schreiben die Forschenden, dass die Linderung der neuropsychiatrischen Symptome die tägliche Pflege erleichtert und so die emotionale und körperliche Belastung der Pflegenden reduziert wird. 

Verdünnte Cannabisextrakte

Während eines Zeitraums von drei Monaten erhielten die Menschen mit Alzheimer-Demenz ein Arzneimittel, das individuell für jede Person hergestellt wurde. Hierbei werden Cannabisextrakte verdünnt und unter Verwendung von Sesamöl und Ethanol sowie mit Zugabe von Süßungsmitteln und Geschmacksstoffen aufbereitet.

Durchgeführt wurde die Studie in einer auf medizinische Cannabistherapie spezialisierten Klinik im kolumbianischen Bogotá. Bei allen 59 Teilnehmenden begann die Alzheimer-Demenz nach dem 65. Lebensjahr. Die Patientinnen und Patienten wurden durchschnittlich rund 23 Monate lang behandelt. Die Nachbeobachtungszeit nach den drei Monaten betrug zwei Jahre. Die vergleichsweise geringe Anzahl von Teilnehmenden erklären sich die Forschenden damit, dass die CBD-Behandlung in Kolumbien teuer ist und von der Gesundheitsversorgung für Erwachsene nicht übernommen wird. Das bedeutet, dass sich möglicherweise weniger Patienten diese Therapie leisten können.

Ausführliche neurologische Untersuchungen

Die Menschen mit Demenz wurden monatlich neurologisch untersucht. Des Weiteren befragten die Forschenden die pflegenden Angehörigen nach dem Schweregrad der Symptome sowie der eigenen Belastung. Um die Verträglichkeit der Therapie zu bestimmen, wurde zudem auch nach unerwünschten Nebenwirkungen gefragt. Hinzu kamen vor Beginn der CBD-Therapie und während der Nachbeobachtung ein großes Blutbild, Leberfunktionstests und Nierenfunktionstests. Bei auffälligen Laborwerten oder berichteten Nebenwirkungen wurde die Intervention abgebrochen.

Tipp für die Praxis: Bei neuropsychiatrischen Symptomen bei Menschen mit Demenz sollten die Menge und das Zusammenspiel der Medikamente immer im Fokus stehen. Alternative Ansätze wie eine Therapie mit CBD-Öl können ebenfalls hilfreich sein, um NPS-Symptome zu behandeln. Alternative Therapien sollten allerdings ausschließlich in enger Absprache mit dem behandelnden Arzt oder der Ärztin erfolgen.

Hier geht’s zur Studie:

Treatment of Neuropsychiatric Symptoms in Alzheimer’s Disease with a Cannabis-Based Magistral Formulation: An Open-Label Prospective Cohort Study 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert