Gerade bei neuropsychiatrischen Erkrankungen wie zum Beispiel schweren Depressionen und leichten kognitiven Beeinträchtigungen (mild cognitive impairment, MCI) treten häufig kognitive Symptome auf – zum Beispiel Konzentrationsschwierigkeiten und Probleme beim Planen oder Organisieren von Alltagstätigkeiten. Infolgedessen erhöht sich bei Betroffenen der Leidensdruck, die Lebensqualität ist beeinträchtigt.
Mehr noch: Die Symptome können etwa auch zu vermindertem Selbstwertgefühl, Angststörungen und der Angst, eine Demenz zu entwickeln, führen. Bei manchen Betroffenen verschlimmern wiederholte medizinische Untersuchungen die Aufmerksamkeitsstörungen, was die Symptome verstärkt. Doch inwieweit tragen selbstständig durchgeführte, digitale Interventionen zu einer Linderung oder Verbesserung der Symptomatik bei?
Forschende aus Großbritannien und Dänemark haben in einer Übersichtsarbeit insgesamt 76 Studien mit mehr als 5200 Studienteilnehmenden analysiert. Das Durchschnittsalter betrug 58 Jahre. Ziel war es herauszufinden, wie wirksam digitale Selbsthilfemaßnahmen zur Verbesserung der kognitiven, physischen, alltagsbezogenen und psychischen Gesundheit sowie der Lebensqualität bei Patientinnen und Patienten mit kognitiven Symptomen, aber ohne Demenz im Vergleich zu Kontrollgruppen sind. Berücksichtigt wurden etablierte Therapieansätze wie zum Beispiel computergestütztes kognitives Training und Rehabilitation sowie internetbasierte Psychotherapieprogramme. Auch Studien, in denen neuere Technologien wie Virtuelle Realität (VR), Videospiele und internetbasierte Kurse untersucht wurden, waren Teil der Analyse.
Als wirksamste Maßnahmen, um die Kognition zu verbessern, erwiesen sich digitales kognitives Training, kognitive Rehabilitation und Anwendungen, bei denen VR-Elemente zum Einsatz kamen. Auch auf die psychische Gesundheit übten die Interventionen einen positiven Einfluss aus, wenn auch gering. Anders stellten sich die Forschungsergebnisse hinsichtlich Müdigkeit und Lebensqualität dar. „Wir fanden wenig Belege für eine Verbesserung von Müdigkeit und Lebensqualität.“
„Digitales kognitives Training, kognitive Rehabilitation und Virtuelle Realität wirken sich positiv auf die psychische Gesundheit und die des Gehirns aus.“
Lisa Laininger, digiDEM Bayern-Wissenschaftlerin
Obwohl VR als therapeutischer Ansatz sehr vielversprechend ist, zeigten sich die positiven Auswirkungen nicht in allen Lebensbereichen. So konnte zum Beispiel kein Einfluss auf Aktivitäten des täglichen Lebens wie zum Beispiel Einkaufen nachgewiesen werden.
Die Forschenden konstatierten: Die Selbstwahrnehmung kognitiver Schwierigkeiten könne zu verstärktem Leidensdruck, Angst vor Demenz, Ängstlichkeit und Depression sowie einer verringerten Lebensqualität führen, was wiederum die kognitiven Symptome verschlimmern kann.
Trotz des steigenden Bedarfs und der großen Anzahl „kognitiver Trainings-Apps“ fehle es an Behandlungen, deren Wirksamkeit wissenschaftlich nachgewiesen ist. „Mögliche Hindernisse für die Einführung dieser Technologien sind hohe Kosten, eine Vielzahl an Vorschriften und Regularien, Bildung von Beziehungen zwischen Wissenschaft und Industrie sowie die Einbindung von Nutzerzufriedenheit und Feedback “, schreiben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.
Bei den analysierten Studien handelte es sich um Publikationen aus mehreren europäischen Ländern, darunter auch aus Deutschland, den Vereinigten Staaten, Südkorea, China, Australien, Kanada, Türkei, Taiwan und Iran sowie Israel und Kolumbien. Veröffentlicht wurden die Studien zwischen 2007 und 2024.
Tipp für die Praxis:
Sollten Sie bei sich oder Ihren Angehörigen erste Anzeichen kognitiver Symptome erkennen, können digitale Anwendungen eine gute und niederschwellige Möglichkeit darstellen, von zu Hause aus die kognitive Gesundheit zu verbessern und die Lebensqualität zu erhöhen.
digiDEM Bayern entwickelt digitale Angebote für Menschen mit kognitiven Einschränkungen und Demenz sowie für pflegende An- und Zugehörige und ehrenamtliche Helfende und stellt die Angebote auf digiDEM-Bayern.de zur Verfügung.
Unser Tipp: Mit dem digiDEM Bayern-Online-Fragebogen „Beurteilung der Gedächtnisleistung“ können nahestehende Personen von Betroffenen deren kognitiven Abbau einschätzen. Der wissenschaftlich abgesicherte Online-Fragebogen ist der erste wichtige Schritt hin zu einer zeitgerechten Diagnosestellung von Demenz und trägt zur Früherkennung bei.
Hier gelangen Sie zum Online-Fragebogen „Beurteilung der Gedächtnisleistung“.
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