Das Digitale Demenzregister Bayern (digiDEM Bayern) hat mit 2.500 Teilnehmenden aus ganz Bayern einen neuen Höchststand erreicht. Damit ist das Demenz-Forschungsprojekt das größte Demenzregister in Deutschland und gehört im Bereich Demenzforschung zu einem der umfangreichsten Projekte zur Erfassung von Langzeitdaten in der Europäischen Union (EU). In dem vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention (StMGP) geförderten Forschungsvorhaben erheben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in allen sieben Regierungsbezirken Bayerns Daten zur Versorgung und Behandlung von Menschen mit Demenz sowie ihren pflegenden An- und Zugehörigen.

In unserem Exklusiv-Interview erläutert Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach die Bedeutung von digiDEM Bayern für die Bayerische Demenzstrategie.

Mit 2.500 Teilnehmenden aus allen sieben bayerischen Regierungsbezirken erreicht digiDEM Bayern, das größte Demenzregister in Deutschland, einen neuen Höchststand. Das Demenz-Forschungsprojekt zur Erfassung von Langzeitdaten hat es sich zum erklärten Ziel gesetzt, die Versorgungssituation von Menschen mit Demenz zu verbessern und die Lebensqualität der pflegenden An- und Zugehörigen zu steigern. „Wir möchten den Langzeitverlauf von Demenzerkrankungen besser verstehen und Versorgungslücken aufdecken, insbesondere in ländlichen Regionen Bayerns“, sagt der digiDEM Bayern-Projektleiter und Neurologe Prof. Dr. med. Peter Kolominsky-Rabas. 

Bedeutung von digitalen Registern nimmt zu

Prof. Dr. med. Peter Kolominsky-Rabas unterstreicht: „In der Versorgung, Forschung und Prävention nimmt die Bedeutung von Registern und von Digitalisierung zu. Die Auswertung des digitalen Datenschatzes ermöglicht wissenschaftlich belegte Erkenntnisse über die Versorgungssituation in ganz Bayern.“ Viele Menschen können bereits in der sehr frühen Phase der Demenz in das Register aufgenommen werden. „Das gibt uns die Möglichkeit, den gesamten Krankheitsverlauf von Beginn an zu begleiten“, erläutert Prof. Dr. med. Peter Kolominsky-Rabas. So können die Forschungsergebnisse von digiDEM zielgerichtet und zum Wohl der Betroffenen genutzt werden. Das Ergebnis einer innovativen und konsequenten Auswertung von Gesundheitsdaten ist dabei auch die Entwicklung unterschiedlicher digitaler Anwendungen für Menschen mit Demenz und ihre pflegenden An- und Zugehörigen. 

Für die zahlreichen „Datenspenden“ der bayerischen Bürgerinnen und Bürger sind wir sehr dankbar.“ Ein großer Dank gebührt auch den digiDEM Bayern-Forschungspartnerinnen und -Forschungspartnern sowie den Projektassistenzen, die in den bayerischen Regionen vor Ort Daten erheben und die Demenzforschung aktiv mitgestalten. 

Beitrag zur Patientensicherheit 

Das digiDEM Bayern-Register kann einen erheblichen Beitrag zur Patientensicherheit der Menschen mit Demenz in Bayern leisten. „Als Langzeitregister wird es uns im Rahmen unseres digitalen Monitorings zukünftig möglich sein, die bedenklichen Nebenwirkungen der aktuell neu entwickelten Alzheimer-Medikamente langfristig zu erfassen und unabhängig zu bewerten.“ Dies geschieht, so Prof. Dr. med. Peter Kolominsky-Rabas, transparent und unbeeinflusst von den Interessen der Pharmaindustrie und von Lobbygruppen. 

Neue Gesundheitsdaten bedeuten neues Wissen: digiDEM Bayern erreicht neuen Höchststand von 2.500 Teilnehmenden
Die bayerische Gesundheitsministerin Judith Gerlach spricht über die Bedeutung von digiDEM Bayern im Rahmen der Bayerischen Demenzstrategie. Bildquelle: „Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention“

Lesen Sie jetzt unser Exklusiv-Interview mit der bayerischen Gesundheitsministerin Judith Gerlach.

Das Digitale Demenzregister Bayern (digiDEM Bayern) ist ein vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention (StMGP) im Rahmen der Bayerischen Demenzstrategie gefördertes Leuchtturm-Projekt. DigiDEM Bayern hat sich zum Ziel gesetzt, die Digitalisierung bei der Versorgung von Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen weiter voranzutreiben. Im Interview erläutert Bayerns Gesundheitsministerin die Bedeutung des Digitalen Demenzregisters Bayern (digiDEM Bayern) für die Bayerische Demenzstrategie.

Frau Gerlach, ein Ziel der Bayerischen Demenzstrategie ist, für das Thema Demenz zu sensibilisieren, einen Bewusstseinswandel im Umgang mit der Krankheit herbeizuführen und mehr Verständnis für Menschen mit Demenz zu entwickeln. Welchen Beitrag kann digiDEM Bayern aus Ihrer Sicht dazu leisten? 

Judith Gerlach: Es ist mir ein persönliches Anliegen, die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse von Menschen mit Demenz sowie ihren An- und Zugehörigen sicherzustellen. Ihre Lebensqualität hängt auch von wissenschaftlichen Forschungsergebnissen und gesicherten Informationen ab. Die digitalen Angebote von digiDEM Bayern tragen dazu bei, die Lebensbedingungen der Betroffenen zu verbessern. 

Können Sie ein Beispiel nennen?

Mehr als ein Drittel der Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen in Bayern lebt allein. Die An- und Zugehörigen von Menschen mit Demenz sind mit rund 70 Prozent Frauen, deren Durchschnittsalter 65 Jahre beträgt. Für sie wurde der Online-Fragebogen ANGEHÖRIGENAMPEL als digitale Entlastungshilfe entwickelt. Er ist ein wichtiger Schritt, bei steigendem Unterstützungsbedarf schnell und direkt passgenaue Hilfen einzuholen. Dieses Instrument der innovativen, digitalen Versorgungsplanung enthält weiterführende Empfehlungen, wie sich die Situation für Pflegende verbessern lässt.

Stichwort Digitalisierung in Gesundheit und Pflege: Inwiefern profitieren insbesondere auch Bürgerinnen und Bürger in ländlichen Räumen davon?

Digitale Angebote werden im Vorfeld der Demenzdiagnostik immer wichtiger. Gedächtnisambulanzen sind von zentraler Bedeutung, um eine Demenz frühzeitig zu diagnostizieren. Doch Menschen mit leichten kognitiven Beeinträchtigungen und Menschen mit Demenz, die in ländlichen Gemeinden leben, müssen deutlich längere Fahrtzeiten auf sich nehmen als Menschen aus städtischen Gebieten. Mehr als ein Viertel der Betroffenen nehmen lange Fahrzeiten in Kauf, um zur nächsten Gedächtnisambulanz zu gelangen. Der digiDEM Bayern-Fragebogen IQCODE zur Fremdeinschätzung der Gedächtnisleistung durch Dritte bietet einen sehr guten Einstieg hin zu einer umfassenden ärztlichen Diagnostik. Nahestehende Personen von Betroffenen können deren kognitiven Abbau mithilfe des Online-Fragebogens einschätzen und zum Beispiel mit der ausgedruckten Gesamteinschätzung eine Gedächtnisambulanz oder eine Memory-Klinik aufsuchen. 

Das Thema Demenz-Früherkennung spiegelt sich auch in den Screening-Tagen, die digiDEM Bayern in allen Regierungsbezirken durchführt. 

Die regionalen Demenzscreening-Tage sind zu einer wichtigen Anlaufstelle in Bayern geworden, die einen überwältigenden Zuspruch erfährt. Hier können Menschen ab 60 Jahren ihre Gedächtnisleistung vor Ort in den Städten und Gemeinden kostenfrei und niederschwellig mit Hilfe eines wissenschaftlichen Kurztests überprüfen lassen. Seit Sommer 2022 haben an mehr als 100 Testtagen insgesamt 2849 Personen das Angebot wahrgenommen. Bei rund 30 Prozent davon lag ein abklärungsbedürftiges Testergebnis vor. DigiDEM Bayern kooperiert eng mit Partnerinnen und Partnern in ganz Bayern und hat ein landesweites Netzwerk aus derzeit 256 Forschungspartnerinnen und Forschungspartnern aufgebaut. Zum Netzwerk von digiDEM Bayern gehören u.a. ambulante Pflegedienste und Tagespflegeeinrichtungen, Fachstellen für pflegende Angehörige, Gedächtnisambulanzen, Arztpraxen, Apotheken, Kliniken, betreute Wohneinrichtungen sowie die in Bayern etablierten Gesundheitsregionenplus und weitere Akteure, die sich im Bereich Demenz engagieren.

Welche Bedeutung hat für Sie das Thema Frauengesundheit?

Das Thema Frauengesundheit wird auch über unseren Jahresschwerpunkt 2024 hinaus eines unserer Kernthemen bleiben. Die Gesundheit von Frauen ist anders als die von Männern und viel zu wenig erforscht. Der Forschungsbedarf ist also hoch. Aktuelle Erhebungen von digiDEM Bayern zeigen, dass in Bayern mehr Frauen als Männer an Demenz erkranken. Ihr Anteil beträgt 60 Prozent. Neue Gesundheitsdaten bedeuten neues Wissen und wertvolle Erkenntnisse, die wiederum neue Ansätze in der Versorgung von Menschen mit Demenz ermöglichen.

Welche Zukunftsstrategien gibt es für das Demenzregister digiDEM Bayern im Rahmen der Bayerischen Demenzstrategie?

Künstliche Intelligenz wird uns auch im Bereich Demenz riesige Chancen und Möglichkeiten eröffnen. Gerade in der Registerforschung kann Künstliche Intelligenz dazu beitragen, traditionelle statistische Methoden der wissenschaftlichen Datenanalyse zu ergänzen. Bereits jetzt nehmen an dem Forschungsprojekt digiDEM Bayern, dem größten digitalen Demenzregister in Deutschland, 2500 Personen teil. Befragt werden Menschen mit leichten kognitiven Beeinträchtigungen, Menschen mit Demenz sowie ihre An- und Zugehörigen. Durch Kooperation mit weiteren Demenzregistern unterstützen wir Digitalisierungsinitiativen auf gesamteuropäischer Ebene. Je größer die dabei gewonnenen Datenmengen werden, desto präzisere Forschungsergebnisse lassen sich zum Wohl der von Demenz betroffenen Personen gewinnen. Eine besondere Rolle spielt für uns hierbei auch die Initiative der europäischen Gesundheitsregion „Europäischer Raum für Gesundheitsdaten (EHDS)“, aus der eine bessere patientenorientierte Versorgung resultiert.

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