Anziehen, Essen, Baden – solche Alltags-Aktivitäten werden für Menschen mit Demenz im Verlauf ihrer Erkrankung immer schwieriger. Wirkt es sich auf diese Aktivitäten aus, wenn Betroffene zudem unter Schmerzen leiden? Das wollten niederländische Forscher*innen herausfinden.

Die Fähigkeit von Demenz-Betroffenen, Aktivitäten des täglichen Lebens durchzuführen (kurz: ADL-Funktionen), könne von vielen Faktoren beeinflusst werden, betonen die Autor*innen um Annelore H. van Dalen-Kok von der Universität Leiden. Dazu zählen Alterserkrankungen wie Osteoporose und Arthritis, aber auch psychische Erkrankungen wie Depression oder die Einnahme bestimmter Medikamente. Von größter Bedeutung sei es zudem zu verstehen, wie sich Schmerzen auf die ADL-Funktionen auswirken. Wenn diese Funktionen eingeschränkt seien, verschlechtere sich die Lebensqualität von Menschen mit Demenz. Der Austausch mit anderen und das allgemeine Wohlbefinden würden eingeschränkt, was nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für die Pflegekräfte und die Gesellschaft insgesamt eine Belastung darstelle.

Ältere Frau erhält Hilfe beim Anziehen.

229 Teilnehmende mit fortgeschrittener Demenz

Daher haben die Forscher*innen genauer untersucht, wie Schmerzen und die ADL-Funktionen bei Menschen mit Demenz miteinander in Verbindung stehen. Es handelt sich ihren Angaben zufolge um die erste Studie, die diesen Zusammenhang über einen längeren Zeitraum überprüft habe. Dazu werteten sie die Angaben von 229 Bewohner*innen von zwölf Pflegeheimen über die Dauer von sechs Monaten aus. Sie waren im Durchschnitt 83 Jahre alt, und 72,5 % von ihnen waren Frauen. Knapp 90 Prozent der Teilnehmenden waren von fortgeschrittener Demenz betroffen. Fast die Hälfte litt unter Schmerzen.

Schmerzen und Fähigkeiten für Alltags-Aktivitäten untersucht

Um zu beurteilen, in wie weit die Teilnehmenden Aktivitäten des täglichen Lebens durchführen konnten, haben die Forscher*innen eine wissenschaftsbasierte Skala genutzt. Damit wurden sechs Bereiche überprüft: Baden, Anziehen, Transferieren (Bewegungs- und Positionswechsel), Toilettengang, Kontinenz (die Fähigkeit, Harn oder Stuhl zurückzuhalten) und Ernährung. Pro Bereich waren bis zu vier Punkte zu vergeben, je nach dem Grad der Abhängigkeit. Das Vorhandensein und die Intensität von Schmerzen wurden ebenfalls mit einem wissenschaftlich geprüften Beobachtungsinstrument bewertet. Zudem beurteilten die Forscher*innen die geistigen Fähigkeiten der Teilnehmenden und erhoben demografische Angaben wie Alter, Geschlecht, Familienstand und Dauer des Aufenthalts in der Pflegeeinrichtung.

Veränderte Schmerz-Werte: Abnahme der ADL-Funktionen im Nachgang

Im Ergebnis fanden die Forscher*innen einen Zusammenhang zwischen Schmerzen bei Menschen mit Demenz und ihren ADL-Funktionen. Wenn sich der Wert für Schmerzen veränderte, hatten die Betroffenen im Nachgang größere Schwierigkeiten mit Alltagsaktivitäten – unabhängig vom Schweregrad der Demenz. Dies galt insbesondere für die Einzel-Aktivitäten „Transferieren“ (Bewegungs- und Positionswechsel) und „Essen eingeben“. Eine Veränderung des Schmerz-Wertes bedeutete in dieser Studie den Autor*innen zufolge in der Regel eine Verschlechterung, wahrscheinlich ausgelöst durch akute Schmerzen.

Nachlassende ADL-Funktionen können auf Schmerzen hindeuten

Die Autor*innen heben hervor, dass nicht so sehr das Vorhandensein von Schmerzen, sondern vielmehr die Veränderung des Schmerz-Wertes mit einer Verschlechterung der ADL-Funktionen zusammenhängt. Interessant ist das vor allem, weil somit umgekehrt eine Veränderung der ADL-Funktionen ein wichtiger Hinweis für das Vorhandensein von Schmerzen sein kann. Daher empfehlen die Forscher*innen Pflegekräften, Schmerzen und ADL-Funktionen regelmäßig zu überprüfen, zum Beispiel alle drei Monate. Dies könne dazu beitragen, den Umgang mit Schmerzen in der Demenzpflege zu verbessern und den Verlust von ADL-Funktionen zu verlangsamen oder sogar zu vermeiden.

Hier finden Sie die Studie:
The impact of pain on the course of ADL functioning in patients with dementia (Mai 21)

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