Wer sich sozial engagiert und gut vernetzt ist, kann das Demenzrisiko senken. Forschende aus Australien verstehen dabei das allgemeine Konzept des sozialen Engagements als gesundheitsfördernde Aktivität, „die in unserer Gesellschaft gefördert werden sollte.“

Über viele Jahre hinweg konzentrierten sich Forschende darauf, neue Medikamente und Therapien zu entwickeln, die das Fortschreiten einer Demenz verzögern oder stoppen können. Da sich viele Alzheimer-Medikamente als nicht wirksam erwiesen haben, rückten Präventionsstrategien stärker in den Mittelpunkt. 

Schutzfaktor gegen kognitiven Abbau und Demenz

Eine wesentliche Rolle spielt dabei die Frage, inwiefern soziales Engagement sich als potenzieller Schutzfaktor gegen kognitiven Abbau und Demenz erweist. Deshalb überprüften australische Forschende in einer systematischen Übersichtsarbeit die Nachweise für Zusammenhänge zwischen sozialem Engagement, Einsamkeit und Demenzrisiko. Einbezogen wurden hierbei 33 Studien mit der beeindruckenden Gesamtzahl von insgesamt 2.370.452 Studienteilnehmenden. Mit den Forschungsergebnissen möchten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu Maßnahmen ermutigen, die auf soziale Isolation und Rückzug abzielen, um Demenz vorzubeugen.

Soziales Engagement als gesundheitsfördernde Aktivität sollte in unserer Gesellschaft gefördert werden."
Foto: Shutterstock

Im Ergebnis kommt die Studie zu dem Schluss: „Es ist wahrscheinlich, dass sozialer Rückzug das Demenzrisiko erhöht.“ Dies unterstreiche die „Bedeutung der Förderung eines vernetzten, sozialen Lebensstils.“  Die Faktoren „alleine zu leben“, ein begrenztes soziales Netzwerk sowie wenige soziale Kontakte und eine unzureichende soziale Unterstützung zu haben, hätten sich „allesamt als Risikofaktoren für Demenz“ erwiesen.  

Verringerung des Demenzrisikos um 19 Prozent

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fanden Hinweise darauf, dass ein geringes soziales Engagement mit einem erhöhten Demenzrisiko verbunden ist. Der Umkehrschluss gilt aber nicht vollständig: „Gutes soziales Engagement konnte nicht eindeutig mit einem verringerten Demenzrisiko in Verbindung gebracht werden.“ Gutes soziales Engagement, wie zum Beispiel mit Freunden einen geselligen Abend zu verbringen, könnte zwar mit einer Verringerung des Demenzrisikos um etwa 19 Prozent verbunden sein, allerdings seien die wissenschaftlichen Nachweise für eine Schutzwirkung gegen Demenz „dürftig“. In Langzeitstudien mit einer Laufzeit von mehr als zehn Jahren war eine gute soziale Einbindung „in bescheidenem Maß schützend.“

Lag eine Kombination aus Depression und mangelndem sozialen Engagement vor, war dies mit einem um 56 Prozent erhöhten Demenzrisiko verbunden. Um das Demenzrisiko „optimal“ zu senken, müssten sowohl die Depression behandelt als auch Maßnahmen für mehr soziales Engagement ergriffen werden.

Faktor Einsamkeit untersucht

Die Forschenden untersuchten auch den Faktor Einsamkeit – aus gutem Grund. Denn eine Person könne durchaus über ein komplexes und starkes soziales Netzwerk verfügen und sich dennoch einsam fühlen. Umgekehrt könne eine sozial isolierte Person auch mit ihrer sozialen Teilhabe zufrieden sein. Das Ergebnis: „Wenngleich es eine Tendenz gab, dass Einsamkeit mit einem erhöhten Risiko verbunden sein könnte, waren die Erkenntnisse nicht statistisch signifikant.“ Das bedeutet, dass diese Forschungserkenntnis noch nicht eindeutig und generalisierbar ist. 

Ältere Menschen unterstützen

In der Studie weisen die Autorinnen und Autoren darauf hin: „Potenzielle präventive Interventionen können am nützlichsten sein, wenn sie soziale Isolation bekämpfen und ältere Menschen unterstützen, denen es an sozialem Engagement mangelt, anstatt die soziale Teilhabe derjenigen weiter zu stärken, die bereits durchschnittliche oder bessere soziale Unterstützung und Integration haben.“ Zudem sollte geklärt sein, wie soziales Engagement in verschiedenen Lebensabschnitten das Demenzrisiko beeinflusst. Denn Initiativen zur sozialen Einbindung älterer Menschen könnten zu spät im Leben erfolgen, „was sie bei der Änderung kognitiver Entwicklungen unwirksam macht.“

Dennoch unterstützen nach Einschätzung der Forschenden die Erkenntnisse der Übersichtsarbeit das allgemeine Konzept des sozialen Engagements als gesundheitsfördernde Aktivität, „die in unserer Gesellschaft gefördert werden sollte.“

Tipp für die Praxis: Vermeiden Sie es, sich sozial zurückzuziehen. Sich sozial zu engagieren, auszutauschen und unter Menschen zu sein, kann verhindern, dass das Demenzrisiko steigt. 

Hier geht’s zur Zusammenfassung der Studie:

The Association between Social Engagement, Loneliness, and Risk of Dementia: A Systematic Review and Meta-Analysis

Unser besonderer Tipp:

Lesen Sie in unserem Artikel „Dem kognitiven Abbau vorbeugen: Das soziale Netzwerk ist entscheidend“ mehr über neue Forschungserkenntnisse unserer digiDEM Bayern-Kollegen. 

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