Wer einen Demenz-Selbsttest durchführt, weiß nicht genau, was auf ihn zukommt. Für manchen kann ein Demenzscreening auch mit mentalen Belastungen verbunden sein. Forschende aus Schweden haben sich in einer Studie mit der Bedeutung von Angst bei Demenz-Selbsttests befasst.
Demenz-Selbsttests gelten als gute Möglichkeit, um eine frühe Demenzdiagnostik zu fördern und Menschen einen niedrigschwelligen Zugang zu Demenzfrüherkennung zu ermöglichen. Ziel ist es, Menschen mit Demenz frühzeitig und wirksam versorgen zu können. Längst wurden digitale Selbsttests, etwa in Form von Apps, entwickelt. Beworben werden diese als „schnell und einfach“ in ihrer Durchführung, doch diese Apps haben auch Kritik hervorgerufen. Demnach würden die Ergebnisse von Selbsttests die Ängste vor einer möglichen unerwünschten zukünftigen kognitiven Beeinträchtigung verstärken und Unsicherheitsgefühle hervorrufen.

Selbsttest-App aus Nordamerika
Da dieses Phänomen bislang wissenschaftlich kaum analysiert wurde, haben sich Forschende aus Schweden dieses Aspekts angenommen. Sie untersuchten eine nordamerikanische Selbsttest-App, die zwei Männer, beide 80 Jahre alt und hoch gebildet, im Rahmen eines Praxisbesuchs genutzt haben. Einer der Männer führte den Test routinemäßig durch, der andere aufgrund von Bedenken, die aus seinem Umfeld stammten. Die Interviews mit den beiden Teilnehmenden führten die Forschenden online durch.
Empfehlung für weitere ärztliche Abklärung
Grundlage der wissenschaftlich fundierten App war ein etablierter papierbasierter Test, die App wurde, so heißt es in der Studie, über 100.000 Mal heruntergeladen. Die Tests dauerten etwa 15 Minuten, geprüft wurden unter anderem Gedächtnisfunktionen, Problemlösungs- und Sprachfähigkeiten. Nach einigen Tagen erhielten die Anwender ein Ergebnis sowie eine Video-Erklärung. Dies stellte jedoch keine Diagnose dar, sondern lediglich eine Empfehlung für eine weitere ärztliche Abklärung.
Unterschiedliche Arten von Angst
In den darauffolgenden Interviews zeigte sich, dass während und im Nachgang des Gedächtnistests Ängste auf vier unterschiedliche Arten erlebt wurden. So motivierte Angst dazu, den Test überhaupt durchzuführen als Versuch, die Kontrolle über die eigene Gesundheit zu übernehmen. Des Weiteren hatten die Teilnehmenden Angst davor, sich als kognitiv beeinträchtigt zu verstehen und auch von anderen Menschen als beeinträchtigt wahrgenommen zu werden. Angst kann aber auch in Zusammenhang mit Veränderungen an sich selbst auftreten, indem man zum Beispiel vergesslich wird oder bereits geworden ist. Nicht zuletzt weist Angst auf die eigene gefühlte Befindlichkeit hin, die man in der Zukunft erfahren könnte: kognitiv eingeschränkt zu sein.
In ihrem Fazit unterstrichen die Forschenden, dass der Einsatz von Demenz-Selbsttests kritisch betrachtet werden kann, wenn existenzielle Ängste hervorgerufen werden – besonders bei Menschen, die sich bisher geistig gesund fühlten.
Umfassend begleiten und betreuen
Vielmehr sei es wesentlich, Nutzer von Selbsttest-Apps zu begleiten und umfassend zu betreuen. Dies kann durch die Bereitstellung von individuellen Ratschlägen sowie Fachwissen, etwa hinsichtlich der Einordnung der Testergebnisse, und durch klare Kommunikation mit Betroffenen erfolgen. Weitere Studien seien dabei nötig, die komplexe Rolle der Angst besser zu verstehen.
Tipp für die Praxis: Achten Sie bei der Auswahl und Durchführung eines digitalen Demenz-Selbsttest darauf, dass eine Bereitstellung von weiterführenden, individuellen Informationen im Nachgang gewährleistet ist. Wenn dies nicht der Fall ist, suchen Sie, wenn möglich, nach Testdurchführung eine geeignete, lokale Beratungsstelle auf.
Hier geht’s zur Studie:
Self-Testing for Dementia: A Phenomenological Analysis of Fear