Ob im Beruf, in der Freizeit oder im Ruhestand: Wer zu viel Zeit im Sitzen verbringt, erhöht das Risiko, an einer Demenz zu erkranken. Zu diesem Ergebnis gelangten Forschende aus Japan und USA. Sie haben die Daten von zusammengenommen rund 140.000 Erwachsenen ausgewertet.
Gesundes Altern zeichnet sich dadurch aus, auch körperlich aktiv zu sein. Auf diese Weise lässt sich das Risiko, eine Demenz zu entwickeln, reduzieren. Als mittleren Wert für die Bewegungsintensität empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation WHO zum Beispiel wöchentlich mindestens 150 (zweieinhalb Stunden) bis 300 Minuten (fünf Stunden) bei mittlerer Intensität oder 75 (etwas mehr als eine Stunde) bis 150 Minuten (zweieinhalb Stunden) bei hoher körperlicher Aktivität. Doch inwiefern stehen Bewegung, längeres Sitzen und das Risiko, etwa eine Demenz zu entwickeln, miteinander in Zusammenhang?
Mehr als 90.000 befragte Japanerinnen und Japaner
Eine japanische Studie von Januar 2024 mit landesweit mehr als 90.000 Teilnehmenden im Alter ab 65 Jahren hat dies untersucht. Die Teilnehmenden waren körperlich und geistig fit, einen Bedarf an Langzeitpflege gab es nicht. Mittels eines Fragenbogens zur Selbstauskunft wurde die Gesamtzahl der aktiven und sitzenden Stunden pro Tag abgefragt, aber auch die Stunden, die mit körperlicher Arbeit oder intensivem Sport ausgefüllt wurden.
Bei älteren Erwachsenen ab 65 Jahren war eine längere tägliche Sitzbelastung demnach mit einem höheren Risiko für Demenz, funktionale Einschränkungen wie etwa Schwierigkeiten beim Gehen oder Treppen steigen sowie für Mortalität verbunden, und zwar unabhängig von der erbrachten körperlichen Aktivität, Geschlecht, Bildung und chronischen Erkrankungen. Das größte Demenzrisiko hatten dabei jene, die sich nicht oder kaum bewegten und gleichzeitig acht Stunden oder länger pro Tag auf dem Sofa, im Sessel oder auf dem Stuhl verbrachten.
Wer mehr als acht Stunden täglich saß, hatte dabei ein um 36 Prozent höheres Demenzrisiko als Personen, die weniger als 3 Stunden pro Tag saßen. 33 Prozent höher war das Risiko für funktionale Einschränkungen, während das Sterblichkeitsrisiko um 31 Prozent größer war.
Ermutigende Nachrichten
Hohe Werte bei der Bewegung milderten zwar die mit langem Sitzen verbundenen Risiken, beseitigten sie aber nicht, schrieben die Forschenden. Ältere Personen, die wenig sitzen und sich wenig bewegen, können dabei, so heißt es in der Studie, „ähnlichen Risiken ausgesetzt sein“ wie Menschen, die viel sitzen und sportlich sehr aktiv sind. Dies seien „ermutigende Neuigkeiten“ für alle, die aufgrund hoher Arbeitsbelastung oder anderer Schwierigkeiten nicht in der Lage sind, sich körperlich zu betätigen.
Nicht zutreffend ist allerdings der Umkehrschluss. Auch wenn ältere Menschen sich ausgiebig körperlich betätigen, steigert eine hohe Sitzbelastung dennoch das Demenzrisiko. „Unsere Ergebnisse legen daher nahe, dass die Reduzierung von sitzendem Verhalten eine Empfehlung ist, die für die gesamte Bevölkerung gilt“, fassen die Forschenden zusammen.
Je länger die Sitzdauer, desto größer ist das Demenzrisiko
Zu ähnlichen Ergebnissen kam eine US-Studie von September 2023. Bei älteren Erwachsenen war mehr Zeit, die mit sitzender Tätigkeit verbracht wurde, signifikant mit einer höheren Rate an Ersterkrankungen (Inzidenz) von Demenz jeglicher Ursache verbunden“, fassen die Forschenden zusammen.
Bei Personen, die mehr als zehn Stunden saßen, stieg das Demenz-Risiko um acht Prozent. Bei einer Sitzdauer von täglich mehr als zwölf Stunden betrug es 63 Prozent. Wer aber jeden Tag mehr als 15 Stunden sitzend verbrachte, steigerte sein Demenzrisiko sogar um 221 Prozent.
Beschleunigungsmesser erfasst Bewegungsmangel
Ausgewertet wurden die Daten von knapp 50.000 Menschen ab 60 Jahren in Großbritannien. Die Forschenden ermittelten mit Hilfe eines Beschleunigungsmessers, den die Teilnehmenden am Handgelenk trugen, inwiefern Bewegungsmangel mit einer Demenzerkrankung verbunden ist. Ob der Zusammenhang zwischen sitzendem Verhalten und dem Demenzrisiko ursächlich (kausal) ist, bedarf allerdings weiterer Forschung, heißt es in der Studie.
Tipp für die Praxis: Vermeiden Sie durchgehende, lange Sitzperioden. Körperliche Aktivität kann ein höheres Demenzrisiko bei langem Sitzen zwar nicht vollends ausgleichen, ist aber trotzdem empfehlenswert, um das Demenzrisiko zu senken.
Hier geht’s zu den Studien: