Bei Menschen mit Frontotemporaler Demenz (FTD) tritt kriminelles Risikoverhalten häufiger auf als bei Menschen mit anderen Formen von Demenz. Das haben Forschende aus Deutschland, den Niederlanden und Australien herausgefunden. Ihre Studie wurde im August 2025 in der international renommierten Fachzeitschrift Nature Translational Psychiatry publiziert.

Neurodegenerative Erkrankungen wie Demenz können nicht nur das Gedächtnis oder etwa auch die Sprache beeinträchtigen. Bereits in frühen Krankheitsstadien können Menschen mit Demenz ein sogenanntes „kriminelles Risikoverhalten“ entwickeln. Dazu gehören Delikte wie zum Beispiel Diebstahl, ungebührliches Verhalten wie etwa Belästigung und öffentliches Urinieren, Sachbeschädigung, Fahren unter Alkoholeinfluss bis hin zu einem schwerwiegenden Vergehen wie etwa Gewaltverbrechen. „Werden soziale oder rechtliche Normen verletzt, können diese Vorfälle erhebliche Auswirkungen auf die Familie und das soziale Umfeld des Betroffenen haben und zu strafrechtlicher Verfolgung führen“, heißt es in einer Studie aus Deutschland, den Niederlanden und Australien, die im August 2025 veröffentlicht wurde. 

Bereits in frühen Krankheitsstadien können Menschen mit Demenz ein sogenanntes „kriminelles Risikoverhalten“ entwickeln. Dazu gehören Delikte wie zum Beispiel Diebstahl, ungebührliches Verhalten wie etwa Belästigung und öffentliches Urinieren, Sachbeschädigung und Fahren unter Alkoholeinfluss.
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„Mehr Bewusstsein für dieses Problem zu schaffen und kriminelles Risikoverhalten bei Demenzsyndromen genauer zu untersuchen, kann dazu beitragen, die möglichen Auswirkungen dieser Erkrankungen besser zu verstehen, Ursachen zu identifizieren und interdisziplinäre Ansätze zur Entwicklung von Bewältigungsstrategien zu fördern“, so die Studie. 

Daten von mehr als 236.000 Personen

In der Studie untersuchten die Forschenden, wie häufig und bei welchen Demenzformen kriminelles Risikoverhalten auftritt. In einer großen systematischen Übersichtsarbeit wurden dafür 14 Studien und damit die Daten von zusammengenommen mehr als 236.000 Personen analysiert. Die Studien stammten unter anderem aus den USA, Schweden, Finnland, Deutschland und Japan.

Mit mehr als 50 Prozent und damit besonders häufig tritt kriminelles Risikoverhalten bei Menschen mit Frontotemporaler Demenz auf, insbesondere bei der behavioralen Variante (bvFTD). Das kriminelle Risikoverhalten zeigt sich oft erstmals im mittleren Alter und noch vor einer offiziellen Diagnose. Dies könne ein mögliches frühes Warnzeichen für eine neurodegenerative Erkrankung darstellen und sollte, so die Forschenden, eine frühzeitige Diagnose und Behandlung zur Folge haben. Bei FTD sind die Bereiche des Gehirns geschädigt, die für die Persönlichkeit, soziale Regeln und Impulskontrolle zuständig sind. „Das kriminelle Risikoverhalten ist dabei eine direkte Folge der Krankheit“, heißt es in der Studie. 

Kriminelles Risikoverhalten bei Menschen mit Alzheimer weniger stark verbreitet

Nach Angaben der Forschenden lag der Anteil der Alzheimer-Demenz bei Personen mit kriminellem Risikoverhalten bei etwa zehn Prozent. „Eher niedrig“ lag zudem der Wert bei Menschen mit Vaskulärer Demenz (circa 15 Prozent). Die Forschenden fanden außerdem heraus: Nach der offiziellen Diagnose und dem Beginn von Pflege und Betreuung sinkt die Rate des kriminellen Risikoverhaltens deutlich und liegt dann meist unter dem Niveau der Allgemeinbevölkerung.

Ein interessantes Ergebnis gab es beim Aspekt Geschlechtsunterschiede. Kriminelles Risikoverhalten tritt bei Männern mit Demenz häufiger auf als bei Frauen mit Demenz. 

Das Fazit der Studie lautet: „Man kann schlussfolgern, dass kriminelles Risikoverhalten als ein häufiges Syndrom bei Demenz und neurodegenerativen Syndromen weltweit angesehen werden muss“, fassen die Forschenden zusammen. Von größter Bedeutung sei daher nicht nur die Sensibilität für kriminelles Risikoverhalten als mögliches frühes Anzeichen von Demenz, sondern auch die frühzeitige Diagnose – um eine weitere Stigmatisierung aufgrund von kriminellem Risikoverhalten zu verhindern.

Tipp für die Praxis: Wenn Sie bei nahestehenden Personen deutliche, plötzliche oder impulsive Veränderungen im Verhalten oder in der Persönlichkeit bemerken, wenden Sie sich an eine Ärztin oder einen Arzt beziehungsweise an eine Gedächtnisambulanz, um eine mögliche Demenz frühzeitig abklären zu lassen.

Hier geht’s zur Studie:

Criminal minds in dementia: A systematic review and quantitative meta-analysis 

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