Einsamkeit und soziale Isolation sind Risikofaktoren für die Entwicklung einer Demenz. Dies haben internationale Wissenschaftler in drei Studien gezeigt. So kann Einsamkeit zu einem um fast 60 Prozent erhöhten Demenzrisiko führen.

Manche Menschen lieben es, von Zeit zu Zeit allein mit sich selbst zu sein. Ist Einsamkeit aber nicht bewusst gewählt oder fühlen sich Menschen sozial isoliert, kann dies krankmachen – und zur Entwicklung einer Alzheimer-Demenz oder einer verwandten Demenzerkrankung führen. Schon seit einigen Jahren ist in der Forschung bekannt, dass es zwischen Einsamkeit und dem Risiko, eine Demenz zu entwickeln, einen Zusammenhang gibt. 

Schon seit einigen Jahren ist in der Forschung bekannt, dass es zwischen Einsamkeit und dem Risiko, eine Demenz zu entwickeln, einen Zusammenhang gibt.
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Um fast 60 Prozent erhöhtes Demenzrisiko

Forschende aus den USA und Frankreich kamen in einer Studie zu einem erstaunlichen Ergebnis. Das Gefühl der Einsamkeit war mit einem um fast 60 Prozent erhöhten allgemeinen Demenzrisiko verbunden, heißt es in ihrer wissenschaftlichen Publikation von 2023. Einsamkeit würde dabei insbesondere das Risiko für die Entwicklung einer vaskulären Demenz um 82 Prozent erhöhen. Das Einsamkeitsgefühl erwies sich aber auch als stärkerer Risikofaktor für eine frontotemporale Demenz als für eine Alzheimer-Demenz. 

Für die Auswertungen nutzten die Wissenschaftler die sogenannte UK Biobank, eine große Datenbank mit Daten aus einer Langzeit-Studie in Großbritannien. Aus dieser Studie analysierten die Forschenden Daten von 492.000 Personen. Bedeutsam ist auch, dass die Daten über einen Zeitraum von bis zu fast 16 Jahren betrachtet wurden. 

Soziale Isolation als Risikofaktor für Demenz

Wie wichtig die UK Biobank für die Demenzforschung ist, zeigt eine weitere Studie unter der Federführung chinesischer Forschenden, die ebenfalls Daten aus dieser Datenbank analysiert haben. Sie befassten sich mit den Zusammenhängen zwischen sozialer Isolation, Einsamkeit und Demenzerkrankungen. Bei der Analyse von mehr als 462.000 Studienteilnehmenden und einer durchschnittlichen Nachbeobachtungszeit von rund 12 Jahren fanden sie heraus: „Soziale Isolation erhöht unabhängig des Gefühls von Einsamkeit das Risiko an einer Demenz zu erkranken.“ 

Von den Studienteilnehmenden hatten 4.998 Personen eine Demenz jedweder Ursache entwickelt. Soziale Isolation war dabei mit einem 1,26-fach erhöhten Demenzrisiko verbunden. Sozial isolierte Personen hatten in unterschiedlichen Bereichen des Gehirns ein geringeres Volumen an sogenannter grauer Substanz, einem wichtigen Bestandteil des zentralen Nervensystems.

Einsamkeit und kognitive Beeinträchtigung 

Dass soziale Isolation mit Kognition und Demenz zusammenhängt, zeigte auch die 2024 publizierte Übersichtsarbeit einer Gruppe von Forschenden aus den USA, China, Irland und Frankreich. Einsamkeit sei ein „kritischer Risikofaktor“ für die kognitive Gesundheit, heißt es in der Übersichtsarbeit mit mehr als 600.000 Studienteilnehmenden. So erhöhte Einsamkeit das allgemeine Risiko, an einer Form von Demenz zu erkranken, aber auch das Risiko für spezifische Demenzerkrankungen wie etwa die Alzheimer-Demenz. Der gleiche Zusammenhang ist auch bei kognitiven Beeinträchtigungen bemerkbar.

Diese Beobachtung wurde auch dann bestätigt, wenn andere Faktoren wie Depressionen, soziale Isolation und/oder andere Risikofaktoren wie Bewegungsmangel oder Rauchen bei der Auswertung berücksichtigt wurden. Die Ergebnisse unterstreichen, so die Forschenden, wie wichtig es ist, die Art bzw. die Ursachen von Einsamkeit und kognitiven Symptomen genauer zu untersuchen, um wirksame Interventionen zu entwickeln, die das Demenzrisiko verringern.

Tipp für die Praxis: Sollten Sie sich einsam fühlen oder wenige Kontakte zu anderen Menschen haben, versuchen Sie neue Kontakte zu knüpfen. Dabei kann es beispielsweise hilfreich sein, Aktivitäten, die Ihnen Freude bereiten, gemeinsam mit gleichgesinnten Personen durchzuführen. Alternativ können Sie versuchen, bestehende Beziehungen besser zu pflegen, indem Sie sich beispielsweise zu regelmäßigen Telefonaten oder Spaziergängen verabreden. Um sozialer Isolation und Einsamkeit im Alter vorzubeugen, sollten seniorengerechte, niedrigschwellige Freizeitaktivitäten angeboten werden, zum Beispiel auf kommunaler Ebene, in Vereinen oder in gemeinnützigen Organisationen.

Hier geht’s zu den Studien:

Loneliness and risk of all-cause, Alzheimer’s, vascular, and frontotemporal dementia: a prospective study of 492,322 individuals over 15 years

Associations of Social Isolation and Loneliness With Later Dementia

A meta-analysis of loneliness and risk of dementia using longitudinal data from >600,000 individuals 

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