Glyphosat gilt als ein höchst umstrittenes Pestizid, das krebserregend sein könnte. Darüber hinaus steht das Umweltgift in dem Verdacht, zur Entwicklung von neurodegenerativen Erkrankungen wie zum Beispiel Alzheimer-Demenz und Parkinson beizutragen.
Die Debatte um den Einsatz von Glyphosat und dessen Gesundheitsrisiken für das menschliche Gehirn hat hohe Wellen geschlagen – und der Appell der Forschenden war eindringlich und ebenso leidenschaftlich wie wissenschaftlich. Im November 2023 veröffentlichten zwei niederländische Wissenschaftler in dem renommierten Fachmagazin The Lancet Planetary Health einen Fachkommentar über das umstrittene Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat und die Gesundheitsbedenken, die es bei Kritikern hervorgerufen hat.
Appell an die EU
Die beiden Forschenden appellierten an die Regierungen und die politischen Entscheidungsträger in der gesamten Europäischen Union (EU), die Verlängerung der Zulassung von Glyphosat um weitere zehn Jahre nicht zu genehmigen. Stattdessen baten sie darum, eine Verlängerung von maximal fünf Jahren zu erwägen. Doch im November 2023 hat die EU anders entschieden und die Verwendung von Glyphosat für weitere zehn Jahre zugelassen.
Noch immer gilt Glyphosat als ein höchst umstrittenes Pestizid, das krebserregend sein könnte. Darüber hinaus steht das Umweltgift, so die Forschenden, in dem Verdacht, zur Entwicklung von neurodegenerativen Erkrankungen wie zum Beispiel Alzheimer-Demenz und Parkinson beizutragen. Pestizide können Neurodegenerationen verursachen, „indem sie das Darmmikrobiom beeinflussen“ und zu Veränderungen der Darmbakterien führen, wie sich in Tierstudien zeigte, schrieben die Wissenschaftler. „Solche mikrobiellen Veränderungen könnten als erstes Ereignis wirken, das eine Kaskade neurodegenerativer Prozesse auslöst, die sich von den Darmneuronen über den Vagusnerv bis zum Gehirn ausbreiten.“
Transport durch die Luft
Glyphosat verfügt über die Eigenschaft, über große Entfernungen durch die Luft transportiert werden zu können. So finden sich im Hausstaub von Landwirten und Bewohnern, die in der Nähe von landwirtschaftlichen Flächen leben, hohe Konzentrationen von Glyphosat und anderen Pestiziden, die über die Haut aufgenommen und auch eingeatmet werden können. Mehr noch. Wie umfangreich die Glyphosatbelastung beim Menschen ist, haben Forschende im Rahmen der internationalen SPRINT-Studie herausgefunden. Demnach wurden im Stuhl von 70 Prozent der Studienteilnehmenden – dies waren Landwirte, deren Nachbaren sowie auch Menschen in Städten – Glyphosatrückstände nachgewiesen.
Gefordert sind unabhängige Studien
Die Niederländer plädierten unter anderem für nicht von der Industrie finanzierte Studien, sondern für Studien von unabhängigen wissenschaftlichen Einrichtungen. Ziel sei es, nicht nur die allgemeinen Gesundheitsrisiken für den Menschen zu bewerten, sondern insbesondere das Risiko, aufgrund der Glyphosatbelastung eine neurologische Erkrankung zu entwickeln. „Nur Pestizide, die nach den neuen Kriterien sicher sind, dürfen weiterverwendet werden“, forderten die Wissenschaftler. Sie argumentierten dabei mit mehreren Studien, nach denen Glyphosat eine der Ursachen für die Parkinson-Krankheit sein könnte.
Alternativen für den Einsatz von Pestiziden
Zudem müssten Alternativen für den Einsatz von Pestiziden verfolgt werden. Um die Bevölkerung vor der Parkinson-Krankheit und anderen neurodegenerativen Erkrankungen zu schützen, seien nicht zuletzt verbesserte regulatorische Maßnahmen nötig. So sollte die Schädigung des Nervensystems in Tierstudien beispielsweise nicht mehr ausschließlich auf Basis neurologischer Symptome bewertet, sondern auch der numerische Verlust von Nervenzellen berücksichtigt werden. Zudem seien die in Tierstudien eingesetzten Glyphosat-Dosen zu niedrig und würden die tatsächliche Schadstoffbelastung für Menschen nicht repräsentieren, insbesondere, da sie im Alltag in Kombination mit anderen Schadstoffen aufgenommen werden würden.
Hier geht’s zum wissenschaftlichen Fachkommentar: