In Deutschland leben zurzeit rund 1,7 Millionen Menschen mit Demenz, allein in Bayern sind es rund 240.000. Für die Betroffenen und ihre Familien bedeutet die Erkrankung eine extreme psychische und physische Belastung, für das Gesundheitssystem und die Gesellschaft eine der größten Herausforderungen der Zukunft. Das „digitale Demenzregister Bayern“, kurz „digiDEM Bayern“, soll dazu beitragen, Demenzerkrankungen besser zu verstehen und die Lebensverhältnisse von Betroffenen und ihren Angehörigen zu verbessern. Am Montag, 08.07.2019, wurde das Projekt vor rund 150 Gästen in Erlangen vorgestellt.
Zur Auftaktveranstaltung begrüßte MDirig Dr. Thomas Huber, Abteilungsleiter für Zukunftsfragen und Innovation im Staatsministerium für Gesundheit und Pflege, in Vertretung von Staatsministerin Melanie Huml die Gäste. digiDEM Bayern bezeichnete er als „digitales Flaggschiff“ im Rahmen der bayerischen Demenzstrategie. „digiDEM Bayern zeigt exzellent, welchen großen Nutzen digitale Angebote für die Menschen haben.“
Bernhard Seidenath MdL, Vorsitzender des Gesundheitsausschusses im Bayerischen Landtag, ging darauf ein, mit welch großen Ängsten Demenzerkrankungen verbunden seien. „Die Politik hat erkannt, wie wichtig das Thema Demenz ist, wie sehr die Menschen darunter leiden und wie wir es voran bringen können.“
Demenzregister mit Langzeitdaten und Onlineangebote für Betroffene
Die Projektleiter stellten das Projekt vor: digiDEM Bayern erfasst zum einen flächendeckende Langzeitdaten zur Versorgung von Menschen mit kognitiven Einschränkungen und Demenz und zur Belastung pflegender Angehöriger in allen sieben Regierungsbezirken Bayerns. Ziel ist es, die Komplexität und den Langzeitverlauf dieser Erkrankung besser zu verstehen. Zum anderen wird digiDEM Bayern eine Online-Plattform mit verschiedenen Unterstützungsangeboten für Menschen mit Demenz, ihre Angehörigen und für Ehrenamtliche einrichten. Interessierte Bürgerinnen und Bürger werden sich auf der Plattform über das Krankheitsbild Demenz informieren können. Das Projekt soll dazu beitragen, die Lebensverhältnisse der Erkrankten und ihrer Angehörigen insbesondere in den ländlichen Regionen zu verbessern.
Bei der Auftaktveranstaltung betonte Prof. Dr. Peter Kolominsky-Rabas, Leiter des Interdisziplinären Zentrums für Health Technology Assessment und Public Health der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, den Wert des Projekts für die Versorgungsforschung und die Bedeutung der Kooperationspartner in der Region, insbesondere im ländlichen Bereich: „Mit digiDEM Bayern möchten wir auch ein regionales Netzwerk vor Ort aufbauen. Wir werden unsere Partner qualifiziert schulen und langfristig betreuen. Dadurch soll digiDEM Bayern auch vor Ort ein Gesicht haben und das in der Region erworbene Wissen über die Versorgung in der Region verbleiben.“
„Entscheidender Beitrag zur Sicherung der Versorgung in Bayern“
Prof. Dr. Elmar Gräßel, Leiter des Zentrums für Medizinische Versorgungsforschung am Universitätsklinikum Erlangen, wies auf die oftmals extreme Belastung der pflegenden Angehörigen hin: In acht von zehn Fällen finde Pflege in Privathaushalten statt. Pflegende Angehörige seien der größte „Pflegedienst“. Auch aus diesem Grund legt digiDEM Bayern den Fokus auf Menschen mit Demenz im häuslichen Umfeld. „Digitale Angebote zum Thema Demenz sind daher für die Zukunft ein entscheidender Beitrag zur Sicherung der Versorgung in Bayern“, so Prof. Dr. med. Elmar Gräßel.
Wie sich das digitale Demenzregister Bayern technisch umsetzen lässt, erläuterte Prof. Dr. Hans-Ulrich Prokosch, Leiter des Lehrstuhls für medizinische Informatik an der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg: „Für die Registerstruktur arbeiten wir mit einem Tool, mit dem wir bereits sehr positive Erfahrungen bei früheren Projekten gemacht haben, etwa am Universitätsklinikum Erlangen. Die Vorteile im Vergleich zu anderen Erhebungsformen liegen unter anderem in erheblicher Zeit- und Kostenersparnis und in der Vermeidung von Inkonsistenzen. Zudem kann das System Fehleingaben erkennen, entsprechend nachfragen und die Angaben auf Vollständigkeit und Plausibilität prüfen.“ Die Registerdaten werden pseudonymisiert und anschließend verschlüsselt übertragen, so dass von außen keine Identifizierung der befragten Personen möglich ist.
Moderiert wurde die Veranstaltung von Jörg Trinkwalter, Mitglied der Geschäftsleitung des Vereins Medical Valley Europäische Metropolregion Nürnberg. Er betonte: “Als transdisziplinäres Netzwerk von Akteuren aus Wirtschaft, Wissenschaft, Gesundheitsversorgung und Politik ist es uns wichtig, dass gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse schnellstmöglich in die Gesundheitsversorgung einfließen – zum Nutzen des Patienten und der pflegenden Angehörigen! Mit digiDEM Bayern möchten wir einen Beitrag zu einer noch besseren Versorgung im Bereich Demenz in Bayern leisten.“